Bundesfreiwilligendienst – drei Erfahrungsberichte

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Die 20-jährige Berit Bellin plant ein Sportstudium, Cynthia Scheler, 18, hat vor, sich für den Studiengang Psychologie einzuschreiben und der 18-jährige Felix Krüger hofft auf einen Studienplatz in Forstwirtschaft. Doch alle drei lassen sich mit dem Start ins Studium noch etwas Zeit. In ihrer einjährigen Pause nach dem Abi absolvieren sie einen Bundesfreiwilligendienst – und bekommen dabei schon jetzt Einblicke in die Berufsfelder, in denen sie später arbeiten möchten.

Bundesfreiwilligendienst im Sport, im sozialen Bereich & im Umweltschutz

    Sich nach dem Abitur eine Auszeit zu nehmen hatte Berit eigentlich gar nicht vor. „Ich hatte schon die Tendenz, ein Studium anzufangen“, erzählt sie. Zur Debatte gestanden habe Sportwissenschaften und Sportmanagement. „Aber überzeugt war ich nicht“, räumt sie ein. Sich noch während der Schulzeit mit dem Thema Studium und Beruf zu befassen sei für viele Jugendliche schwierig, denn im Vordergrund stehe erst einmal ein guter Schulabschluss. Auch sie habe die Doppelbelastung als problematisch empfunden: „Wenn man auf das Abi lernt hat man keine Zeit für die Zukunftsplanung.“

    Bundesfreiwilligendienst im Sport

    Aus diesem Dilemma herausgekommen ist Berit durch einen Zufall. Sie entdeckte die Ausschreibung des Deutschen Segler-Verbands (DSV) in Kiel, der den Freiwilligendienst im Sport über die Sportjugend Schleswig-Holstein anbietet. Sie sei selbst seit 13 Jahren im Segelsport aktiv und habe sich sofort beworben: „Mein Segelverein liegt fast direkt daneben.“

    Seit September 2019 sammelt Berit nun Erfahrungen in der Verbandsarbeit. Dazu zählen unter anderem Bürotätigkeiten und die Vorbereitung von Veranstaltungen, aber auch die Betreuung von Sportlern – angefangen von Jugendlichen bis hin zu Olympioniken.

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    Berit beim Segeln

    Gerade sei ein Container für die Olympischen Spiele aus Japan gekommen, berichtet sie: „Jetzt laden wir aus.“ Kiel sei der Olympiastützpunkt für den Segelsport. Mit den Olympioniken der Sommerspiele in Japan habe sie deshalb regelmäßig Kontakt: „Es ist schon cool zu sehen wie sie trainieren.

    Wenn es in Deutschland zu kalt sei, finde das Training jedoch in wärmeren Ländern wie zum Beispiel Portugal statt. Zu Berits Aufgaben in ihrem Freiwilligendienst im Sport zählt deshalb auch die Erstellung von Reisekostenabrechnungen für die Spitzensportler. In der ersten Woche ihres Freiwilligendienstes habe sie dazu eine Schulung in der Buchhaltungsabteilung des Verbands bekommen. Die Arbeit im Büro sei für sie völliges Neuland gewesen: „Buchhaltung ist zwar ein bisschen monoton, aber macht trotzdem Spaß, zum Beispiel, wenn amüsante Rechnungen aus Japan kommen und man entziffert, was drinsteht.“

    In manchen Bereichen könnten jedoch die Verbandsmitarbeiter auch etwas von den jungen Kollegen aus dem Bundesfreiwilligendienst lernen. Geübt sei sie unter anderem im Umgang mit der Präsentationssoftware Power-Point, sagt Berit: „Das haben wir in der Schule oft gebraucht und können das besser als die älteren Mitarbeiter hier.“ Neben Präsentationen für Veranstaltungen bereiten die Freiwilligen außerdem die Räume für Trainerfortbildungen und andere Events vor. Einmal habe sie auch ein Kickerturnier zwischen Jugendlichen und Olympioniken geplant und realisiert: „Diese Idee kam von uns, als es darum ging, unsere Spitzensportler mit einer Gruppe von 16- und 17-Jährigen Besuchern in Kontakt zu bringen.“

    Der Freiwilligendienst im Sport sei sehr vielfältig und bereite ihr großen Spaß, schwärmt Berit. Nach der Schule ins Arbeitsleben einzusteigen sei jedoch eine Umstellung: „Man ist schon viel mehr eingespannt.“ Ihr Arbeitstag beginne meistens um 8 Uhr morgens und ende zwischen 16 und 17 Uhr. Als Belastung empfinde sie ihre 38,5-Stunden-Woche aber nicht, betont sie: „Es gibt immer Neues und ist immer spannend.“

    Beim Bundesfreiwilligendienst habe sie außerdem ihre Vorliebe fürs Praktische entdeckt, verrät Berit. Bis zum Abitur sei ein Studium für sie die erste Wahl gewesen und eine Berufsausbildung nur die zweite Option: „Das hat sich jetzt aber umgedreht.“ Zwar könne sie sich weiterhin gut vorstellen, Sportmanagement zu studieren. Ihr neuer Plan sei aber, sich auf eine Ausbildung bei der Wasserschutzpolizei zu bewerben.

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    Bundesfreiwilligendienst in der Psychiatrie

    Wie Berit gehörte auch Cynthia nicht zu den Abiturienten, die eine Auszeit nach der Schule von Anfang an fest eingeplant hatten. „Ich habe immer gesagt, ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder Bundesfreiwilligendienst ist nicht meines“, erinnert sie sich. Wie es dazu kam, dass sie sich dennoch auf einen sozialen Bundesfreiwilligendienst in der Psychiatrie des Bezirkskrankenhauses Bayreuth bewarb? „Ich will Psychologie studieren, da ist es von Vorteil, vorher zu wissen, wie das in der Praxis aussieht“, erklärt sie. Von der Möglichkeit eines Bundesfreiwilligendienstes in der Psychiatrie habe ihr eine Bekannte ihrer Mutter erzählt. Daraufhin habe sie sich spontan umentschieden, ihren Studienbeginn um ein Jahr verschoben und die Stelle angetreten.

    Cynthias Arbeitstag beginnt meistens um 7 Uhr morgens. „Ich wollte die Frühschicht, damit ich nachmittags noch Zeit für mich habe“, sagt sie. Wenn die Schwester bei den Patienten ihre Morgenrunde dreht, ist Cynthia dabei.

    Als sie ihren Bundesfreiwilligendienst im sozialen Bereich begonnen habe, habe sie noch Vorbehalte gegenüber psychischen Erkrankungen gehabt, gibt sie zu. Diese hätten sich aber schnell zerstreut: „Ich hatte schon ein bisschen Angst, aber unsere Patienten sind Menschen wie du und ich, man kann ganz normal mit ihnen reden.“

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    Cynthia im Büro

    Auf ihrer Station werden zum Beispiel Panikattacken, Essstörungen, Traumata oder selbstverletzendes Verhalten behandelt. Die Patienten sind meistens jung, viele sind in Cynthias Alter. „Eine der wichtigsten Regeln ist es aber, die Distanz zu wahren und sich nicht mit ihnen anzufreunden“, erklärt sie. Zu viel Nähe schade der Therapie und damit den Patienten. Deshalb sei sie mit allen per Sie: „Das ist bei Gleichaltrigen ein bisschen komisch, aber man gewöhnt sich daran.“ Wichtig sei auch, innerlich Abstand zu halten und sich die Schicksale nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen. Diesen Rat habe sie von ihrer Vorgesetzten gleich am ersten Tag im Bundesfreiwilligendient bekommen: „Es bringt den Patienten nichts, wenn man sie bemitleidet.“ Sich an diese Empfehlung zu halten falle ihr leichter, als sie gedacht habe. Eigentlich sei sie ein sehr empathischer Mensch: „Ich bin schon eher einer der Kandidaten, die nach der Arbeit alles mit nach Hause nehmen.“ Die Erlebnisse aus dem Arbeitsalltag in der Psychiatrie zu verarbeiten sei aber kein Problem für sie: „Um 15.15 Uhr habe ich Feierabend, und dann ist Schicht im Schacht.“ Anders als in der Schule habe man im Beruf nach Arbeitsende wirklich frei. Dies empfinde sie als große Erleichterung. Die Umstellung vom Schul- auf den Arbeitsalltag sei deshalb einfach für sie gewesen.

    Im Dienst unterstützt Cynthia bei ihrem Freiwilligendienst im Krankenhaus ähnlich wie beim FSJ das Pflegepersonal vor allem bei Verwaltungsaufgaben. Die Bürokratie im Klinikalltag sei immens: „Das hat mich wirklich überrascht.“ Die Teilnehmer der Freiwilligendienste tragen zum Beispiel den Blutdruck der Patienten in Listen ein, geben Essenspläne in den Computer ein und drucken Therapiepläne aus. Manchmal begleite sie die Patienten auch bei längeren Wegen durch die Klinik oder zeige Neuankömmlingen ihr Zimmer und helfe bei der Einrichtung des WLAN-Zugangs: „Da unterhält man sich dann schon mal.“ Intensivere Kontakte zu den Patienten gebe es aber nicht.

    Jedoch nimmt Cynthia beim Freiwilligendienst im Krankenhaus auch an den Teambesprechungen teil, bei denen Pflegekräfte, Ärzte und die Psychologen der Station anwesend sind. Auf den Sitzungen werde auch besprochen, welche Erfolge bei den Patienten in den verschiedenen Therapieformen erzielt worden seien: „Das ist sehr interessant.“

    Ihre Einblicke in die Psychiatrie hätten ihren Berufswunsch gefestigt, betont Cynthia: „Das alles hat mich nicht im Geringsten abgeschreckt, sondern eindeutig bestärkt. Wenn ich die Psychologen hier sehe, denke ich mir nur, das ist genau das, was ich später einmal machen will.“ Nach ihrem Bundesfreiwilligendienst werde sie sich auf jeden Fall an der Universität für den Studiengang Psychologie einschreiben.


    Video ARD alpha Uni: arbeiten als Psychotherapeut*in

    Jasmin hat Psychologie in Salzburg studiert und ist im dritten Ausbildungsjahr zur Psychotherapeutin an der Schönklinik Roseneck. Aus Kostengründen macht sie die Ausbildung berufsbegleitend über fünf Jahre, hat ein festes Einkommen und finanziert sich so die Supervision. Das heißt vier Tage stationär im Setting der Klinik als Psychologin arbeiten und an einem Tag in der Ausbildungsambulanz in Rosenheim Erfahrungen sammeln. Das Video ist ein Film des Formats alpha Uni, einem Angebot von ARD alpha.


    Bundesfreiwilligendienst im Umweltschutz

    Felix hatte sich bereits für verschiedene Studiengänge an mehreren Hochschulen beworben, als er sich für den ökologischen Bundesfreiwilligendienst im Besucherzentrum für Natur- und Umwelterziehung „Drei Eichen“ in Buckow in Brandenburg entschied. „Ich hatte damals keinen Studienplatz bekommen“, erzählt er. Allerdings sei ein Freiwilligendienst von Anfang an sein Plan B gewesen.

    Unter seinen Mitschülern seien Freiwilligendienste seit der Oberstufe ein Thema gewesen. Viele hätten diese Möglichkeit auch aus einer gewissen Planlosigkeit in Erwägung gezogen: „Ich selbst kannte Freiwilligendienste aber nur für soziale Tätigkeiten.“ Konkret habe er sich erst mit dieser Alternative befasst, als er von einem Freund erfahren habe, dass es den Bundesfreiwilligendienst auch im ökologischen Bereich gebe: „Nachdem ich mich vorher für Studiengänge wie Forstwirtschaft interessiert hatte, sprach mich das mehr an.“

    Nach den Absagen der Hochschulen bewarb sich Felix beim Umweltzentrum „Drei Eichen“ und wurde sofort genommen. Die Einrichtung bietet Kindern die Möglichkeit, spielerisch die Natur zu entdecken. „Wir veranstalten zum Beispiel eine Schatzsuche, auf der sie Fragen zu Pflanzen und Bäumen beantworten müssen, zeigen ihnen, wie man aus Holz etwas schnitzt oder basteln zusammen“, berichtet Felix.

    Zu seinen Aufgaben bei seinem ökologischen Freiwilligendienst in Brandenburg gehört es unter anderem, die Gäste – vorwiegend Schulklassen und Familien – nach der Ankunft zu ihren Zimmern zu bringen und die Kinder bei Freizeitaktivitäten zu begleiten. „Manchmal übernehme ich aber auch ein bisschen Hausmeisteraufgaben und fege den Hof“, sagt er.

    Die Arbeit mit den kleinen Besuchern bereite ihm bei seinem Freiwilligendienst in Brandenburg in der märkischen Schweiz viel Freude. Auf den Wanderwegen beobachten die Gruppen Vögel, und mit etwas Glück zeigt sich auch einmal ein Biber. Regelmäßig kommen auch Kinder aus problematischen familiären Verhältnissen ins Naturerlebniszentrum. Erstaunlich sei, wie unterschiedlich gerade diese Teilnehmer auf die Naturerlebnisse reagieren: „Manche sind schwer beeindruckt, und anderen ist es total egal.“

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    Felix in Brandenburg

    In seinem ökologischen Bundesfreiwilligendienst könne er außerdem die Fähigkeit trainieren, selbstständig zu arbeiten – eine Kompetenz, die man im Studium in der Regel gut gebrauchen kann. Wenn sein Freiwilligendienst vorbei ist, will sich Felix noch einmal bei verschiedenen Hochschulen bewerben.

    Als Alternative könne er sich auch eine Ausbildung vorstellen, etwa als Mechatroniker oder Kfz-Mechaniker: „Aber wenn es mit dem Studium klappt wäre es schön, das macht ja auch Sinn, wenn ich schon Abi habe.“ Seiner ursprünglichen Fachrichtung wird er auch beim zweiten Anlauf treu bleiben: Forstwirtschaft gehört weiterhin zu seinen Favoriten.

    Bundesfreiwilligendienst: Voraussetzungen, Gehalt, Einsatzstellen

    Der Bundesfreiwilligendienst wurde 2011 als Ersatz für den wegfallenden Wehr- und Zivildienst eingeführt. Insgesamt nahmen im Jahr 2018 mehr als 41.000 Menschen an einem Bundesfreiwilligendienst teil. Weitere Infos: www.bundesfreiwilligendienst.de.

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