Mit knapp 8 Prozent sind Männer unter den Erzieher*innen immer noch eine Minderheit. Aber: Zwischen 2012 und 2022 hat sich der Männeranteil in dem Beruf laut Statistischen Bundesamt nahezu verdoppelt – Tendenz steigend. Max Rumpenhorst hat eine Ausbildung zum Erzieher gemacht und findet: Es braucht mehr Männer in diesem Job.
Männer in Frauenberufen: Erzieher werden als Mann
„Mein erster Berufswunsch war Tierarzt“, sagte Max. Dabei zeigte sich sein Talent im Umgang mit Kindern bereits früh. Als Jugendlicher habe er immer wieder für Freund*innen seiner Eltern Jobs als Babysitter übernommen: „Das hat mir viel Spaß gemacht.“ Bis er darin eine berufliche Chance entdeckte, verging aber einige Zeit: Nach dem Abi studierte Max erst einmal Politologie, später auch Kommunikationswissenschaften, und arbeitete als selbstständiger Fotograf. Wirklich glücklich wurde er dabei nicht: „Da kam dann die Frage auf, was mache ich jetzt.“ Die Wende brachte ein Job als Honorarkraft in einem Jugendzentrum, in dem Max kreative Projekte mit Jugendlichen durchführte. Seine Kolleg*innen rieten ihm zu einer Ausbildung zum Erzieher – und Max ergriff die Chance beim Schopf.
Wie sein Umfeld darauf reagierte? „Mein Vater hat gesagt, das hättest du schon längst machen sollen“, erinnert er sich. Dass Erzieher*in als typischer Frauenberuf gilt, sei für ihn überhaupt kein Thema gewesen, auch in seinem Freundeskreis nicht. „Daran, dass es hier zwischen Mann und Frau irgendeinen Unterschied geben könnte, habe ich gar nicht gedacht.“
Ausbildung zum Erzieher/zur Erzieherin: eine schulische Berufsausbildung
Die Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin findet regulär vorwiegend an beruflichen Fachschulen statt. Neben ihm habe es nur einen einzigen männlichen Azubi gegeben, berichtet Max. Dabei habe die Ausbildung zum Erzieher gerade für Männer einige Vorteile: „Ich habe zum Beispiel gehört, dass man in dem Beruf leichter in eine Leitungsposition kommt, weil es so wenig Männer gibt.“ Gerecht sei das allerdings nicht, betont er: „Ich bin ja nicht automatisch eine bessere Führungskraft, nur weil ich ein Mann bin.“
Im Unterricht befassen sich die Azubis unter anderem mit der kindlichen Entwicklung, mit Pädagogik, Lernprozessen, Methoden der Elternarbeit und der Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Fachdiensten und Bildungsinstitutionen. Auch rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen von Kinderbetreuungseinrichtungen gehören zu den Ausbildungsinhalten der angehenden Erzieher*innen. Die Azubis lernen, Kinder zu beobachten und einzuschätzen. Sie dokumentieren die jeweiligen Entwicklungsschritte und leiten Maßnahmen ein, wenn Förder- oder Unterstützungsbedarf besteht. „Das ist ein wesentlicher Teil unserer Arbeit“, sagt Max.
Schwer sei ihm die berufliche Fachschule nicht gefallen, sagt Max, räumt aber gleichzeitig ein: „Ich hatte vorher ein wirklich anspruchsvolles Studium hinter mir und bin deshalb vielleicht nicht der richtige Maßstab.“ Der Aussage, die Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin entspreche dem Schwierigkeitsgrad eines Bachelors, stimme er indes nicht zu: „Studieren ist schon was ganz anderes.“ Wer sich Mühe gebe, könne die Ausbildung auch schaffen, „das ist keine Raketenwissenschaft.“ Wichtig seien aber gute Deutschkenntnisse.

Spielen, sprechen, trösten: Arbeitsalltag in der Kita
Den beruflichen Alltag in der Kinderbetreuung lernen die Auszubildenden bei Praktika kennen. Max hat in seiner Ausbildung zum Erzieher in einer Kita der Stadt Offenbach am Main gearbeitet. Obwohl das Umfeld seiner Einrichtung eher von traditionellen Rollenbildern geprägt sei: Vorbehalte ihm gegenüber als Mann habe es nie gegeben. Vielmehr seien männliche Bewerber in dem Beruf sehr gefragt, „denn viele Familien wünschen sich vielfältige Bezugspersonen, auch in Bezug auf Geschlechtsidentität.“ Außerdem habe er durch seinen Beruf die Möglichkeit, den Kindern Lebensmodelle außerhalb der gängigen Geschlechterklischees zu zeigen.
Begonnen habe sein Arbeitstag in der Regel um 8 Uhr morgens, „und da geht es auch schon volle Kanne los.“ Frühstück vorbereiten, gemeinsam essen, zusammen aufräumen und den Tisch abwischen – dann folgt der Morgenkreis. Der sei ein wichtiges Ritual, erklärt Max. Denn durch das Singen, Sprechen und stetige Wiederholen lernen die Kinder die Sprache.
Danach gibt es Mal- und Bastelangebote oder die Gruppe geht zum Spielen ins Freie: „Zusammen rauszugehen macht den Kindern oft am meisten Spaß.“ Beim Mittagessen helfen die Erzieher*innen den Kleinen dabei, Messer und Gabel richtig zu benutzen und beaufsichtigen die Größeren. „Man muss überhaupt ganz viel helfen und begleiten“, sagt Max. Nach dem Mittagessen wird es ruhiger, „viele sind dann erstmal im Verdauungskoma“. Die Kinder ziehen sich mit einem Buch zurück, malen oder basteln. Hier sei auch die Kreativität der Erzieher*innen gefragt, die sich mit eigenen Projekten einbringen können: „Man ist da völlig frei, ich habe mit den Kindern beispielweise mal eine Lochkamera gebastelt“, erzählt Max. Um 13 Uhr beginnt die Abholzeit, die bis 17 Uhr dauert.
Mehr Karriere, mehr Verwaltung: Aufstiegschancen nach der Ausbildung zum Erzieher / zur Erzieherin
Neben dem Begleiten der Kinder fällt zeitweise auch ein bisschen Verwaltungsaufwand an: Formulare und Dokumentationsbögen ausfüllen und Berichte schreiben – auch das gehört gelegentlich dazu. „Das macht aber höchstens zehn Prozent der Tätigkeit aus“, räumt Max ein. In Führungspositionen steige der Anteil aber erheblich: „Unsere Leitungskräfte haben eine Vielzahl administrativer Aufgaben.“ Einsätze bei den Kindern gebe es dann oft höchstens noch in Ausnahmen, etwa wenn es wegen Krankheit zu Personalausfällen komme und jemand einspringen müsse.
Wegen des hohen Frauenanteils in dem Beruf sind Führungspositionen in Kinderbetreuungseinrichtungen häufig mit weiblichen Fachkräften besetzt. „Auch bei mir war das in der Ausbildung zum Erzieher und später im Beruf fast immer so“, sagt Max. Ein Problem für ihn? Ganz im Gegenteil. „Für mich ist das Geschlecht meiner Vorgesetzten nicht wichtig. Hauptsache der Führungsstil ist kooperativ und nicht so konfrontativ“, erklärt er.
Kleine Kinder, große Herausforderungen: Konflikte und wie man sie bewältigt
In der Arbeit mit den Kindern hat Max inzwischen seine Berufung gefunden – hin und wieder bringt ihn sein Job aber auch an seine Grenzen. „Wenn man zum Beispiel allein in der Gruppe ist, drei Kinder eingewöhnen muss und dann auch noch Eltern was besprechen wollen, da ist man dann schon überfordert“, gibt er zu. Er erinnere sich an einen Tag, an dem ein Mädchen bei der Eingewöhnung stundenlang geweint habe: „Wenn ich bei ihr geblieben bin, wurde es besser, aber ich hatte ja noch die anderen 20 Kinder zu betreuen.“
In solchen Fällen sei es wichtig, Ruhe zu bewahren und nicht zu starr an Planungen festzuhalten: „Dann gibt es das Mittagessen vielleicht mal eine Stunde später.“ In Konfliktsituationen sei es außerdem hilfreich, sich bewusst zu machen: „Das ist nur ein Kind, das gerade ganz arge Bedürfnisse hat, und sich nicht anders ausdrücken kann.“ Wenn es beispielsweise zwischen den Kleinen einmal zu Handgreiflichkeiten komme, werde mit dieser Grundhaltung alles viel einfacher.
Bei herausfordernden Situationen gebe es auch Unterstützung, sei es durch Kolleg*innen, die Leitung oder externe sowie interne Expert*innen, an die man sich wenden könne. „Egal was es ist, letztlich gibt es für alles eine Lösung“, versichert Max.

Tipps für Schüler: Passt eine Ausbildung zum Erzieher zu dir?
Um in dem Beruf glücklich zu werden seien drei Dinge zentral, sagt er. Am wichtigsten sei Freude am Kontakt mit Kindern. Nötig sei aber auch viel Geduld: „Lernprozesse dauern bei Kindern oft länger und nach Fortschritten gibt es auch immer wieder Rückschritte.“ Die Aufgabe der Erzieher*innen sei es, die Kinder zu unterstützen, auf ihrem Weg zur Selbstständigkeit zu begleiten und ihnen zuzuhören, um ihre Ideen und Wünsche zu beachten.
Allerdings gibt es auch eine Eigenschaft, die in diesem Beruf fehl am Platz ist: „Wer lärmempfindlich ist, sollte keine Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin machen“, rät Max. Ein Mann zu sein sei aber kein Hindernis, betont er: „Mir fällt kein Grund ein, warum der Beruf für männliche Bewerber weniger geeignet sein sollte als für Frauen.“
Ausbildungen entdecken auf der Karrieremesse Stuzubi
Stellenangebote für eine Ausbildung zum Erzieher oder zur Erzieherin findest du auf der Berufsorientierungsmesse Stuzubi und in der Stuzubi Stellenbörse.