Studien- und Berufswahl in Zeiten von KI

Studien- und Berufswahl in Zeiten von KI, junge Frau sitzt hinter einem humanoiden Roboter im Büro

Expert*innen sind sich einig: Künstliche Intelligenz (KI) wird die Arbeitswelt verändern. Aber was bedeutet das für deine Studien- und Berufswahl? Lohnt sich ein Studium noch? Und welche Ausbildungen werden in Zukunft gefragt sein? Unser Beitrag zeigt dir, welche Jobs durch KI und andere computergesteuerte Tools ersetzt werden können und mit welchen Skills du für die Berufswelt von morgen am besten gerüstet bist.

Berufsorientierung 2026: Welche Rolle spielt KI für die Arbeitswelt der Zukunft?

    Welche Berufe sind ersetzbar? Schau nach im Job-Futuromat

    Die Frage, welche Berufe in Deutschland durch Digitalisierung und Automatisierung ersetzt werden können, beschäftigt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schon lange. Das IAB gehört zur Bundesagentur für Arbeit und untersucht seit 2013, welche beruflichen Tätigkeiten durch neue Technologien wie KI wegfallen könnten – für alle rund 4.600 in Deutschland bekannten Berufe.

    Die Ergebnisse werden im Job-Futuromat des IAB veröffentlicht. Das Tool zeigt, wie viel Prozent der Aufgaben eines Berufs Computer, Roboter oder andere Technologien theoretisch übernehmen können. Und: Du kannst sogar genau nachschauen, welche Tätigkeiten ersetzbar sind.

    Studien- und Berufswahl in Zeiten von KI: Infografik: Wie viel Prozent der Tätigkeiten der beliebtesten Ausbildungsberufe sind durch Technologien ersetzbar?

    „Das Ganze ist als Information für verschiedene Gruppen gedacht, auch für Schülerinnen und Schüler oder Azubis“, sagt Katharina Grienberger. Sie ist eine der Wissenschaftler*innen, die den Job-Futuromat entwickelt haben und alle drei Jahre aktualisieren.

    Insgesamt arbeiten 38 Prozent der Menschen in Deutschland in Berufen mit einem hohen Substituierbarkeitspotenzial. Rund 70 Prozent ihrer Aufgaben könnten eigentlich Computer oder Maschinen erledigen. „Aber dass deshalb ein ganzer Beruf wegfällt, ist sehr selten“, versichert Grienberger. Meistens verändere sich nur das Tätigkeitsprofil.

    Schülerinnen und Schüler sollten sich nicht abschrecken lassen, wenn Berufe einen hohen Anteil an ersetzbaren Tätigkeiten beinhalten, betont sie: „Nur weil ein Beruf zu 100 Prozent ersetzbar ist, heißt das nicht, dass er nicht mehr gebraucht wird und keine Zukunft mehr hat.“ Vor dieser Sichtweise wolle sie eindringlich warnen, „so soll der Job-Futuromat nicht verstanden werden.“

    Jedoch sei das Beschäftigungswachstum in Berufen mit einem hohen Anteil an ersetzbaren Tätigkeiten niedriger als in anderen Jobs. Oft biete ein hohes Substituierbarkeitspotenzial aber auch die Chancen, sich zu entwickeln und in der Anwendung digitaler Tools weiterzubilden. Teilweise gebe es auch schon in der Ausbildung die Möglichkeit, den Umgang mit neuen Technologien wie KI zu lernen, sagt Tobias Maier vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Ausbildungsberufe seien grundsätzlich technikoffen, „das bedeutet, der Betrieb kann die Azubis in jeder Technologie schulen, die er für notwendig hält.“

    Chat GPT & Co.: KI erreicht die Jobs von Hochschulabsolvent*innen

    Immer noch relativ gering ist die Ersetzbarkeit von Arbeitskräften nach wie vor bei Jobs für Spezialist*innen und Expert*innen, die ein Studium absolviert haben. Aber: Gerade hier ist das Substituierbarkeitspotenzial im Vergleich zur vorherigen Auswertung von 2019 erheblich gestiegen: und zwar um fast zehn Prozentpunkte auf insgesamt fast 36 Prozent.

    Studien- und Berufswahl in Zeiten von KI: Infografik: Wie viel Prozent der Tätigkeiten von Akademikerberufen sind durch Technologien ersetzbar?

    Waren zu Beginn der Untersuchung vor allem die Helfertätigkeiten betroffen, zeigt sich in der aktuellen Auswertung eine ganz neue Entwicklung. „In unserer Studie von 2022 hatten wir bei den Akademikerberufen den größten Anstieg“, sagt Grienberger. Das liege an der zunehmenden Nutzung generativer KI wie Chat GPT, die unter anderem Texte verfassen könne und vor allem auf die Jobs von höher Qualifizierten abziele.

    Medienberichten zufolge hat das bereits jetzt Konsequenzen für den Berufseinstieg von Hochschulabsolvent*innen. „KI verdrängt Berufseinsteiger“, titelte etwa das Handelsblatt im August 2025. Nachgewiesen sei eine solche Entwicklung in den Untersuchungen des IAB bislang jedoch nicht, räumt Grienberger ein. Außerdem sei in Deutschland die Wirtschaft seit fast drei Jahren nicht mehr gewachsen, erklärt Tobias Maier vom BIBB. Auch das sei ein Grund für die aktuelle Zurückhaltung von Betrieben bei Neueinstellungen.

    Genutzt werden könne KI zum Beispiel in Berufe der Unternehmensorganisation, beim Erstellen von Zusammenfassungen und Dokumentationen oder der Koordination von Terminen, berichtet Grienberger. Auch im Marketing beim Erstellen von Text- und Bildmaterial oder in der Medizin, beispielsweise zur Vorauswertung von Befunden, komme KI zum Einsatz.

    Ob deshalb möglicherweise künftig weniger Hochschulabsolvent*innen gebraucht werden? Lohnt sich ein Studium vor diesem Hintergrund überhaupt noch? Jochen Ley, Leiter der Studienberatung der Humboldt-Universität zu Berlin, glaubt nicht an einen Rückgang der Studierendenzahlen aufgrund von KI. In der Studienberatung werde das Thema KI in höchstens 20 Prozent der Fälle angesprochen. Angst um ihre Jobaussichten hätten die meisten Studieninteressierten bislang nicht.

    Auch Ley ist optimistisch. „Was ich grundsätzlich positiv sehe, ist, dass viele Routinearbeiten wegfallen könnten.“ Ob KI zulasten künftiger Jobs gehe, sei jetzt noch nicht absehbar. Als Historiker könne er jedoch sagen: „Als die Dampfmaschine kam und Leute ihre Jobs verloren, haben sie sich andere Betätigungsfelder gesucht.“ Das sei ein natürlicher Prozess, „vor dem wir alle keine Angst haben müssen.“

    Was kann KI, und was kann KI nicht?

    Außerdem werde menschliche Arbeitskraft nicht unbedingt durch Technologien ersetzt, nur weil das technisch möglich sei, sagt Grienberger. In bestimmten Bereichen, etwa in Fertigungsberufen, in denen Produkte hergestellt werden, finde man zwar teilweise nahezu menschenleere Produktionshallen vor „in denen sich die Roboter gegenseitig die Hand geben.“ Unter Umständen sprächen jedoch betriebswirtschaftliche Gründe gegen eine Automatisierung – sei es, weil Menschen kostengünstiger arbeiten als Maschinen, oder handgefertigte Produkte einfach beliebter seien. Auch rechtliche und ethische Fragen wie die Haftung für Unfälle beim autonomen Fahren computergesteuerter Autos seien größtenteils noch ungeklärt.

    Martin Wan, Mitglied der Arbeitsgruppe „Künstliche Intelligenz: Essenzielle Kompetenzen an Hochschulen“ und Projektleiter der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) im „Hochschulforum Digitalisierung“, ist der Meinung, KI werde teilweise „massiv überschätzt“. Bisher gelinge es den großen KI-Firmen noch nicht, mit ihren Technologien Geld zu verdienen: „Kein Anbieter schreibt derzeit schwarze Zahlen.“ Seine Einschätzung: Das Versprechen, dass „KI irgendwann alle unsere Aufgaben übernehmen wird“, soll vor allem Investoren dazu motivieren, die Unternehmen weiterhin zu finanzieren, werde sich so aber sicher nicht einlösen lassen.

    Allerdings sei KI bereits in vielen Berufen ein nützliches Hilfsmittel. Etwa könnten sich Informatiker*innen unter die Arme greifen lassen für erste Entwürfe: „Aber am Ende braucht es Leute, die den Code wirklich verstehen.“ Das könne KI nicht, sondern reproduziere Codes aus bestehenden Trainingsdaten. Ley führt als Beispiel Mediziner*innen an: „Die KI kann 50.000 MRTs in vielleicht fünf Stunden vergleichen und auswerten“, sagt er. Trotzdem könne sie den Arzt oder die Ärztin nicht ersetzen. Ähnliches gelte für den oder die Steuerberater*in: „Die ganze Vorarbeit wie Datenkolonnen untersuchen, das kann die KI super machen, aber welche steuerlichen Möglichkeiten sich daraus ergeben, weiß sie nicht.“ Richtig eingesetzt sei KI eine große Entlastung bei Routineaufgaben ohne größeres Anspruchslevel: „Das finde ich extrem positiv.“

    Jedoch gebe es einigen Bedarf an intensiver Auseinandersetzung und Unterstützung beim Umgang mit KI: „Der Großteil der Durchschnittsuser*innen weiß nicht, wie KI funktioniert.“ Weitverbreitet sei der Irrtum, dass KI individuelle Antworten liefere. Die Technologie basiere aber nur auf Wahrscheinlichkeiten und berechne lediglich, in welcher Häufigkeit bestimmte Wortkombinationen vorkommen: „Sie kann sich nicht selbst etwas erschließen.“

    KI sei aber dazu in der Lage, Antworten zu produzieren, die sinnvoll aussähen, sagt Wan. Vieles wirke auf den ersten Blick plausibel, „doch bei genauerem Hinsehen wird meist deutlich, das ist nur halb richtig oder ungenau.“ Bei durch KI erstellten Zusammenfassungen würden Texte oft nur verkürzt und wesentlicher Inhalt gehe verloren. Teilweise würden Quellen und Nachweise frei erfunden. Mitunter habe das skurrile Folgen. So habe es im November 2022, kurz nach der Veröffentlichung von ChatGPT, unzählige Beschwerden von Bibliotheken gegeben: „Anfragen nach Fernleihen von Werken, die es überhaupt nicht gibt, haben massiv zugenommen.“

    Grundsätzlich sei gegen die Nutzung von KI nichts einzuwenden. Wichtig sei jedoch, die Grenzen von KI zu kennen, um sie mündig, verantwortungsbewusst und mit Mehrwert einzusetzen. Hochschulen müssten interdisziplinär über alle Studiengänge hinweg ein Grundverständnis für die neue Technologie vermitteln. „Das betrifft die Informatiker*innen genauso wie die Germanist*innen und ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit“, sagt Wan.

    Gibt es noch sichere Ausbildungen und Studiengänge?

    Auch wenn KI nach Experteneinschätzung nicht zu Massenarbeitslosigkeit führen wird: Mit Veränderungen in ihrem Berufsleben müssen die Generation Z und die Generation Alpha wahrscheinlich rechnen. Doch gibt es auch Berufe, die von den neuen Technologien nicht betroffen sind?

    Kaum ersetzbar seien Berufe, die mit Menschen zu tun haben und soziale Kompetenzen erfordern, sagt Grienberger. Dazu gehören zum Beispiel die Erzieher*innen – ein Job, für den der Job-Futuromat ein Substituierbarkeitspotenzial von null Prozent angibt. Neben interaktiven sozialen Kompetenzen sei auch Kreativität nur schwer zu ersetzen. Jedoch werde in kreativen Berufen verstärkt mit KI gearbeitet.

    Doch nicht überall kommen die KI-produzierten Fotos, Filme und Musikstücke auch gut an. „Das hat alles die gleiche Ästhetik“, sagt Wan. Eigenständiger künstlerischer Wert sei nicht zu erkennen. Die Frage sei, ob „der Endverbraucher Wert auf Kreativität legt oder sich mit der Retorte zufriedengibt.“

    Auch bei handwerklichen Tätigkeiten gebe es teilweise Aufgaben mit hoher Fingerfertigkeit, die nicht automatisiert werden könnten, berichtet Grienberger. Sicheres Terrain ist das Handwerk jedoch nicht. Tischler*innen: zu 60 Prozent ersetzbar – Bäcker*in sogar zu 100 Prozent, ohne, dass der Beruf aktuell zu verschwinden droht.

    Grundsätzlich rät Grienberger Schüler*innen, sich bei ihrer Berufs- und Studienwahl weiterhin an den eigenen Interessen und Kompetenzen zu orientieren: „In diesen Bereichen fällt es einem am leichtesten, sich zu entwickeln.“ Bildung und Ausbildung biete in Zeiten von KI grundsätzlich weiterhin Sicherheit, sagt Maier. Wer spezielles Wissen und besondere Fähigkeiten habe, sei nicht so leicht ersetzbar, „weder von anderen Menschen noch von Maschinen.“

    Gut gerüstet in die Zukunft: Welche Skills jetzt zählen

    Im Gegensatz zu früher sei Gelerntes allerdings viel schneller veraltet, räumt Grienberger ein: „Neue Technologien entwickeln sich rasant, da muss man immer am Ball bleiben.“ Lebenslanges Lernen sei heute wichtiger denn je. Die Berufswahl nach der Schule sei dabei nur ein erster Schritt. Lebenslanges Lernen gelte seit Jahrzehnten als Mantra, doch vielen sei gar nicht bewusst gewesen, was das eigentlich bedeute, sagt Ley: „Aber spätestens jetzt wissen wir, was das heißt.“

    Neben der Bereitschaft, sich laufend weiterzubilden, seien auch soziale Kompetenz und Kreativität gefragt, betont Grienberger. Dabei gehe es nicht speziell um soziale und kreative Berufe, sondern übergreifende Fähigkeiten zur Problemlösung, die in allen Jobs gebraucht würden.

    Außerdem wichtig: Flexibilität. Den einmal erlernten Beruf bis zum Ende des Arbeitslebens ausüben zu können, sei heutzutage nicht garantiert, erklärt Maier. Sein Rat: Den Wandel mitgehen und gestalten. Das sei in Deutschland viel leichter möglich als beispielsweise in den USA, wo oft ungelernte Kräfte eingearbeitet würden und eine Hire-and-fire-Mentalität herrsche. In der deutschen Arbeitskultur gebe es dagegen ausgebildete Fachkräfte mit mehr Verantwortung. KI werde künftig zum Arbeitsalltag dazugehören, „aber die Fähigkeiten der Leute entscheiden darüber, wie neue Technologien eingesetzt werden.“ Dabei könne man viel mitgestalten, auch als kleines Rädchen im Unternehmen.

    Gleichzeitig sei eine gesellschaftliche Debatte darüber nötig, welche menschlichen Fähigkeiten weiterhin und verstärkt wertgeschätzt und nicht verlernt werden sollten, sagt Wan. Eine der Kernfunktionen von KI-Tools wie ChatGPT gehört aus seiner Sicht auf jeden Fall dazu: selbstständig Texte verfassen zu können.

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