Noch immer glauben viele Schüler*innen, beruflicher Erfolg geht nur mit einem Studium – und unterschätzen dabei völlig die Karrierechancen, die eine duale Ausbildung zu bieten hat. Denn am Arbeitsmarkt werden im Moment vor allem Bewerber*innen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung gesucht. Mehr dazu in unserem Beitrag – und am Messestand von Die Duale auf der Berufsorientierungsmesse Stuzubi.
Warum eine Ausbildung oft besser ist als ein Studium: Interview mit Mareike Wulf, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Stuzubi: Im Moment und auch in der nächsten Zukunft suchen Unternehmen vor allem Mitarbeiter*innen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Viele Schüler*innen entscheiden sich trotzdem lieber für ein Studium oder gehen weiter zur Schule und Ausbildungsstellen bleiben oft unbesetzt. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Mareike Wulf: Die individuellen Gründe sind bei dieser Entwicklung sicherlich unterschiedlich. Aber wir beobachten schon länger eine grundsätzliche Tendenz bei jungen Menschen zu höheren Schulabschlüssen. Viele junge Menschen möchten lieber zunächst einmal das Abitur machen und sich damit alle beruflichen Wege offenhalten. Eine berufliche Ausbildung wird dabei schon mal als „Plan B“ gesehen, falls es mit dem Hochschulstudium doch nicht klappt.
Was dabei oft übersehen wird: Die duale Ausbildung ist viel mehr als ein „Notnagel“. Sie ist ein hervorragendes Sprungbrett in eine erfolgreiche berufliche Karriere. Im Anschluss an die duale Ausbildung bietet außerdem die berufliche Bildung eine Vielzahl an Entwicklungsmöglichkeiten mit attraktiven Förderangeboten, wie zum Beispiel Fortbildungen zum „Bachelor Professional“ oder zum „Master Professional“. Auch der Weg zu einem Hochschulstudium steht nach einem beruflichen Abschluss grundsätzlich offen.
Wir müssen die jungen Menschen, aber auch ihr persönliches Umfeld aus Eltern, Großeltern und Lehrern wieder mehr dafür sensibilisieren, dass die berufliche Bildung attraktive und erfolgreiche Möglichkeiten für den Start in das Berufsleben bietet. Wichtig ist, die Bandbreite und die Karriereaussichten der dualen Ausbildung auch in der Berufsorientierung am Gymnasium zu vermitteln.
Stuzubi: Mal abgesehen von den vielen Stellenangeboten – hat eine duale Berufsausbildung Vorteile gegenüber einem Studium?
Mareike Wulf: Menschen mit beruflichen Abschlüssen werden auf dem Arbeitsmarkt derzeit dringend gebraucht. Durch den demografischen Wandel und die Transformation der Wirtschaft wird das auch noch eine Weile so bleiben. Deshalb haben Menschen mit einer abgeschlossenen beruflichen Ausbildung und anschließender Weiterbildung nachweislich ein geringeres Risiko als Akademikerinnen und Akademiker, im Laufe ihrer beruflichen Karriere arbeitslos zu werden.
Außerdem sind die Übernahmequoten nach einer erfolgreichen dualen Ausbildung hoch. Der Einstieg in den Job fällt mit beruflichem Abschluss oft leichter als nach einem Studium. Hinzu kommt, dass junge Menschen schon während ihrer Berufsausbildung eine Vergütung erhalten und damit schon früher finanziell auf eigenen Beinen stehen können als mit einem Hochschulstudium. Sie können sich durch den früheren Berufseinstieg oft schneller eine eigene Wohnung leisten und die private Lebensplanung umsetzen.
Mit Ausbildung und Weiterbildung oft höhere Gehälter möglich als mit Studium
Stuzubi: Und wie sieht es mit dem Gehalt aus, verdient man nach einer dualen Berufsausbildung genauso gut wie mit einem Studienabschluss?
Mareike Wulf: Das kommt darauf an welche Ausbildungswege man miteinander vergleicht. Viele lassen sich durch undifferenzierte Gehaltsstatistiken täuschen. Wenn ein Mensch nach dem Abitur studiert hat und vielleicht im Anschluss sogar noch eine Promotion dranhängt, dann wird sein erstes Gehalt, das er später bezieht, sicherlich ein anderes Niveau haben, als bei einem Menschen der sich nach seiner dualen Ausbildung nicht weitergebildet hat.
Mit einer dualen Berufsausbildung und einem anschließenden „Bachelor Professional“ ist dagegen oft ein höheres Gehalt möglich als in vielen Studiengängen nach einem Bachelorabschluss. Trotzdem würde ich niemandem empfehlen, seine Berufswahl alleine danach auszurichten, was man später verdienen kann. Für das Glück und das Vorankommen im Beruf ist es mindestens genauso wichtig, dass man dauerhaft Freude an der Tätigkeit hat.
Stuzubi: Welche Ausbildungsberufe haben aktuell die besten Zukunftsaussichten?
Mareike Wulf: Wenn wir auf den Arbeitsmarkt der nächsten Jahre schauen, dann sehen wir sehr klar: Die Berufe mit den besten Zukunftsaussichten sind die, in denen sich technologische Entwicklungen und gesellschaftliche Trends – wie beispielsweise der demografische Wandel – treffen. Viele solcher Berufe findet man ganz klassisch in der dualen Ausbildung.
Hierzu zählen die IT-Berufe, wie Fachinformatikerinnen und -informatiker in den verschiedenen Fachrichtungen. Die zunehmende Digitalisierung und der Einsatz von KI betrifft dabei alle Branchen. Fachkräfte, die sich mit Anwendungsentwicklung, Systemintegration oder Daten- und Prozessanalyse auskennen, werden zunehmend gefragt sein – egal ob in Start-ups, Mittelstand oder Konzernen.
Aber auch die technischen Berufe im Handwerk und in der Industrie werden weiterhin gebraucht. Ich denke da an Elektronikerinnen und Elektroniker, Mechatronikerinnen und Mechatroniker oder Anlagenmechanikerinnen und -mechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Die Energiewende, Automatisierung und moderne Gebäudetechnik sorgen dafür, dass diese Berufe nicht nur heute, sondern auch noch in Jahrzehnten gefragt sein werden.
Aber trotzdem würde ich jungen Menschen raten, bei ihrer Berufswahl nicht in erster Linie auf die Nachfrage von heute zu schauen. Noch wichtiger als Prognosen ist es, dass der gewählte Beruf zu den eigenen Interessen und Talenten passt. Nur so kann man in seinem Beruf wachsen und sich weiterentwickeln.

Ausbildung nach dem Abi – lohnt sich das?
Stuzubi: Gerade Schüler*innen am Gymnasium sagen sich oft, wenn ich schon Abitur mache, dann möchte ich das auch nutzen, und gehen nach der Schule an die Uni. Lohnt sich eine Ausbildung auch für Abiturient*innen?
Mareike Wulf: Auf jeden Fall! Nicht für jeden jungen Menschen, der Abitur gemacht hat, ist ein Studium auch automatisch der beste Weg. Es gibt derzeit mehr als 300 verschiedene duale Ausbildungsberufe und danach zahlreiche Möglichkeiten für Fort- und Weiterbildungen. Da ist für jede Interessenslage etwas dabei. Hinzu kommt, dass man mit einer beruflichen Ausbildung sehr schnell auf seinen eigenen Beinen steht. Man arbeitet im laufenden Arbeitsbetrieb mit und kann sehr schnell auch Verantwortung übernehmen. Vielen jungen Menschen liegt das mehr, als sich erst jahrelang in der Uni theoretisches Wissen aneignen zu müssen, bis man es irgendwann im Beruf anwenden kann.
Abiturientenprogramme bieten auch eine gute Möglichkeit mit einem Abitur die Ausbildungsdauer zu verkürzen. Insbesondere im Handel, aber etwa auch im KFZ-Bereich, werden solche Programme angeboten. Sie kombinieren eine verkürzte duale Berufsausbildung mit einer anschließenden Fortbildung. Dadurch können Absolventen innerhalb von zwei bis vier Jahren mehrere Abschlüsse erlangen und werden parallel dazu schon auf eine spätere Führungsposition vorbereitet.
Abiturientinnen und Abiturienten sollten sich daher fragen, was ihnen mehr liegt: Das Lernen von eher theoretischem Wissen oder die Kombination aus Theorie und Praxis.
Stuzubi: Welchen Tipp möchten Sie Jugendlichen für ihre Berufsorientierung mit auf den Weg geben?
Mareike Wulf: Mein Tipp: Nehmt euch die Zeit, zunächst wirklich herauszufinden was euch interessiert und motiviert. Berufsorientierung ist ein Prozess und kein kurzes Googlen von Berufsbeschreibungen. Nehmt die vielfältigen Angebote zur Berufsorientierung wahr. Geht zu Berufsmessen, nehmt an BO-Veranstaltungen an eurer Schule teil, sprecht mit Leuten, die den Job schon machen.
Und wichtig ist auch, offen für Neues zu bleiben. Es gibt mehr als 300 verschiedene anerkannte duale Ausbildungsberufe. Viele davon sind weniger bekannt, weil sie im Alltag nicht so sichtbar sind. Aber diese Berufe bieten oft unerwartete Möglichkeiten und spannende Chancen. Nichts geht zudem über praktische Einblicke durch Praktika, um herauszufinden, ob etwas passen könnte oder nicht. Und wem es schwerfällt sich auf einen Beruf festzulegen, möchte ich folgendes mit auf den Weg geben: Eine duale Ausbildung ist ein Anfang. Im Laufe einer beruflichen Karriere wird es viele Chancen geben sich weiterzuentwickeln.
Stuzubi: Haben Sie selbst eine duale Berufsausbildung absolviert?
Mareike Wulf: Ich bin nach dem Abitur direkt an die Uni gegangen. Erst als ich in meinem späteren Beruf die Ausbildereignungsprüfung abgelegt habe, konnte ich das System der dualen Ausbildung so richtig kennenlernen — und seitdem bin ich Fan. Ich war total begeistert von den tollen Möglichkeiten für meine Azubis einen guten Ausbildungsplan zu erstellen sie bestmöglich zu begleiten. Daher kann ich die duale Ausbildung sehr empfehlen. Es ist schade, dass ich nicht früher dazu gefunden habe. Ich hätte sicher lebenslang davon profitiert.
Die Duale: Das wichtigste zur dualen Berufsausbildung auf einen Blick
- Voraussetzungen: Für die duale Ausbildung in Deutschland gibt es keine formalen Zugangsvoraussetzungen. Die Betriebe legen die Anforderungen fest. Minderjährige sind besonders gesetzlich geschützt.
- Bewerbung: Bewerbungsverfahren unterscheiden sich je nach Betrieb. Viele Ausbildungen starten am 01.08. oder 01.09. Große Firmen mit begehrten Plätzen suchen oft ein Jahr im Voraus.
- Finanzielles: Azubis erhalten eine Vergütung, meist über der gesetzlichen Mindestvergütung und oft nach Tarif. Wer nicht bei den Eltern wohnt, kann ggf. Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) bekommen.
- Ausbildungsablauf: 2/3 der Zeit verbringt man im Betrieb, 1/3 in der Berufsschule. Die Ausbildung endet mit einer Abschlussprüfung, im Handwerk auch Gesellenprüfung genannt.
- Ausbildungsdauer: Eine duale Ausbildung dauert zwischen zwei und dreieinhalb Jahren abhängig vom gewählten Ausbildungsberuf. Unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. Abitur) kann die Ausbildungszeit verkürzt werden.
- Arbeitszeiten & Urlaubsanspruch: Für volljährige Azubis gilt das Arbeitszeit- und das Bundesurlaubsgesetz, oft ergänzt durch Tarifverträge. Jugendliche genießen zusätzlichen Schutz und mehr Urlaub, je nach Alter gestaffelt.
- Berufe: Es gibt 327 anerkannte Berufe nach BBiG und HWO (Stand 2024).
- Karrierechancen nach dem Abschluss: Die höherqualifizierende Berufsbildung nach BBiG und HwO ist ein dreistufiges Fortbildungssystem mit bundesweit geregelten Abschlüssen: Berufsspezialist, Bachelor Professional, Master Professional.

Die Duale auf der Berufsorientierungsmesse Stuzubi: Chancen entdecken und Traumjob finden
Mach doch eine Ausbildung!
Die duale Berufsausbildung bietet mit über 320 anerkannten Ausbildungsberufen jungen Menschen vielfältige Karrierechancen. Herausforderungen wie die Bekämpfung des Klimawandels oder die Digitalisierung sind nur mit hervorragend aus- und weitergebildeten Fachkräften zu bewältigen.
Seit August 2020 macht die Kampagne „Die Duale“ des Bundesbildungsministeriums – heute Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) – die Möglichkeiten der dualen Berufsausbildung in der Öffentlichkeit sichtbar.
Auf der Berufsorientierungsmesse Stuzubi ist „Die Duale“ 2025 wieder mit eigenen Messeständen vertreten – in Berlin, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, München und Stuttgart.
Das erwartet dich:
- Informiere dich rund um das Thema duale Berufsausbildung.
- Erkunde spielerisch deine Interessen und Stärken.
- Entdecke spannende Berufsfelder und finde deine berufliche Orientierung.