Die Corona-Krise stellt Schüler, die 2020 ihr Abitur oder einen anderen Schulabschluss machen, vor besondere Herausforderungen. Zwei Abiturientinnen, die in den Vorständen der Landesschülervertretungen von Nordrhein-Westfalen und Hamburg aktiv sind, berichten, wie sie sich während der Schulschließungen auf die Abschlussprüfungen vorbereiten und geben Tipps.
Sophie Halley, 18, Abiturientin aus Viersen und Mitglied im Vorstand der Landesschüler*innenvertretung NRW, über das Abitur in Zeiten der Corona-Krise
„Ich hatte Glück, in meinen Abiturfächern waren wir mit dem Stoff bis zur Schulschließung schon durch. Andere müssen sich jetzt aber kurz vor den Prüfungen neue Themen selbstständig außerhalb der Klasse erarbeiten, dem Geschichtsleistungskurs fehlen zum Beispiel noch 30 Jahre, und in Religion konnten der Apokalypse und Kirche in der Nachkriegszeit nicht mehr abschließend behandelt werden.
Zu den Lehrkräften haben wir jetzt in der Corona-Krise per Mail oder Whatsapp Kontakt und bekommen Arbeitsaufgaben. Bei mir funktioniert das nach anfänglichen Schwierigkeiten inzwischen gut, aber es gibt auch Fächer, da sind die Lehrkräfte eher medienscheu. Außerdem sind die SchülerInnen, die nicht so gut mit digitalen Medien ausgestattet sind, klar im Nachteil. Zwei aus meiner Stufe haben kein Whatsapp, die bekommen die Materialien per SMS, das ist ziemlich kompliziert.
Corona-Krise verstärkt soziale Ungleichheiten beim Abitur
Besonders problematisch ist die Situation außerdem für diejenigen, denen zuhause die familiäre Unterstützung fehlt. Zusätzlich zu der Schulschließung fallen ja auch Lerngruppen und Nachhilfeangebote weg. Soziale Ungleichheiten werden sich damit in unserem Jahrgang noch mehr bemerkbar machen.
Ich habe das Glück, von meiner Familie unterstützt zu werden, aber auch mir fehlen die Lerngruppen, oder auch die Möglichkeit, den Lehrer oder die Lehrerin mal spontan am Gang ansprechen zu können. Belastend ist auch die Unsicherheit. Die Schulschließung kam ganz plötzlich, auf einmal hieß es, das ist heute euer allerletzter Schultag. Nach dieser Nachricht haben viele auf dem Schulhof geweint.
Auch die Lehrkräfte waren auf die Situation nicht richtig vorbereitet und es gibt viele Unklarheiten, etwa beim Datenschutz. Zum Beispiel dürfen Lehrkräfte offiziell gar nicht per Whatsapp mit den SchülerInnen kommunizieren, und es ist gar nicht ganz klar, ob diese Regelung für uns weiterhin besteht.
Es gibt auch keine Diensthandys, und nicht jeder und jede will seine oder ihre private Nummer preisgeben. Wie gut die Abiturvorbereitung klappt, hängt in dieser Situation jetzt auch davon ab, wie versiert die jeweilige Lehrkraft im Umgang mit digitalen Medien ist, da gibt es große Unterschiede. Insgesamt ging die Digitalisierung an den Schulen einfach zu langsam, wären wir hier schon weiter gewesen, wäre es jetzt leichter.“
Amelie Paassen, 17, Abiturientin aus Hamburg und Mitglied im Vorstand der LandesschülerInnenvertretung Hamburg, über den Schulabschluss in der Corona-Krise
„Bei uns in Hamburg wirkt sich die Schulschließung während der Corona-Krise für die Abiturienten nicht so stark aus. Von denen, die ich kenne, hat da keiner ein großes Problem mit. Wir wären ab April sowieso vom Unterricht befreit gewesen, uns fehlen also nur zwei Wochen. Mit dem abiturrelevanten Stoff waren wir schon durch. Es standen aber noch drei Klausuren an, die ich jetzt nicht schreiben kann. Eigentlich geht es nur um die Note im S4, dem letzten Halbjahr. Hier ist noch nicht ganz klar, wie die Ersatzleistung aussieht, wir schreiben eine Art Klausur, aber von zuhause aus.
Ich hatte nie richtige Lerngruppen, so dass mir das auch jetzt während der Corona-Krise nicht fehlt. Untereinander telefonieren wir Abiturienten viel über Skype, schreiben uns und machen auch Videokonferenzen, aber wir treffen uns nicht. Zu den Lehrkräften haben wir Kontakt per Mail, und wir nutzen Google Classroom. Darüber bekommt die ganze Klasse Aufgaben. Insgesamt funktioniert das gut und wir haben keine großen Einschränkungen.
Natürlich muss man sich umgewöhnen, wenn man anstelle von Präsenzunterricht komplett von zuhause aus auf die Prüfungen fürs Abitur lernt. Das wäre ab April aber sowieso der Fall gewesen. Bei der Abiturvorbereitung in Heimarbeit muss jeder seinen eigenen Weg finden. Viele neigen dazu, stur durchzulernen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass die Pausen, die man in der Schule hat, schon ihren Grund haben. Deshalb stelle ich mir alle zwei Stunden den Wecker und gehe kurz raus oder esse was. Diese Auszeiten sind wichtig fürs Gehirn. Alles in allem funktioniert das bei mir gut.“