Berufsausbildung statt Studium?

Berufsausbildung statt Studium: Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär am BMBF, im Stuzubi Interview

Bietet ein Studium bessere Karriereperspektiven als eine Berufsausbildung? Dieses Gerücht hält sich hartnäckig. Dabei haben beruflich ausgebildete Fachkräfte gegenüber Hochschulabsolvent*innen einige klare Vorteile. Die seien aber viel zu wenig bekannt – und die Möglichkeiten der dualen Berufsausbildung würden immer noch deutlich unterschätzt, sagt Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Stuzubi hat mit ihm gesprochen.

Stuzubi: Die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger betont seit dem Beginn ihrer Amtszeit immer wieder, dass eine Berufsausbildung und ein Studium gleichwertig sind. Stimmt das?

Jens Brandenburg:
Ja, das stimmt absolut. Gerade in akademischen Haushalten wird oft unterschätzt, wie vielseitig und anspruchsvoll die duale Berufsausbildung ist und wie viele Karrierechancen sie bietet. Von der Digitalisierung bis zum Klimawandel: Viele Berufsbilder sind im Wandel. Hier brauchen wir begabte Talente, die Wissen in Anwendungen übersetzen können. Mit der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung wollen wir als Bundesregierung der Berufsorientierung einen deutlichen Schub geben – gerade auch an Gymnasien.

Stuzubi: Trotz der grundsätzlichen Gleichwertigkeit von Ausbildung und Studium erleben Universitäten und Hochschulen seit Jahren einen Run. Unternehmen tun sich dagegen zunehmend schwer damit, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Woran liegt das?

Jens Brandenburg:
Manchmal fällt es jungen Menschen schwer, sich unmittelbar nach der Schule für einen Beruf zu entscheiden. Sie möchten durch ein Studium mehr Zeit für ihre Berufswahl gewinnen. Es ist aber nicht so, dass man durch eine Ausbildung auf einen Beruf festgelegt wird und diesen bis zur Rente ausüben muss. Es gibt viele Möglichkeiten, sich in unterschiedliche Richtungen zu entwickeln. Ein weiterer Grund, weshalb Ausbildungsplätze teilweise nicht besetzt werden können, ist die mangelnde Passung. In beliebten Berufen, etwa in der Medienbranche oder der Tierpflege, gibt es oft so viele Bewerbungen, dass nicht alle Bewerberinnen und Bewerber einen Ausbildungsplatz erhalten. Hier sollten wir stärker aufzeigen, welche spannenden und abwechslungsreichen Karriereperspektiven andere Berufsausbildungen bieten.

Stuzubi: Ist das nur eine Frage der Kommunikation, oder geht es auch darum, die Attraktivität dieser Berufe durch verbesserte Arbeitsbedingungen zu steigern?

Jens Brandenburg:
Beides. Mit einer besseren Ansprache können wir Berufe in Apps und durch Virtual Reality direkt erlebbar machen. Ich bin auch ein großer Fan der Azubi-Botschafter, die an die Schulen gehen und authentisch von ihrem Arbeitsalltag berichten. Die Schülerinnen und Schüler erfahren direkt, welche Aufgaben sie in der Ausbildung übernehmen und dass sie zum Beispiel schon früh Kundenkontakt haben und tolle Erfahrungen machen. Aber auch die Arbeitsbedingungen sind wichtig und in manchen Berufen muss man eben früh aufstehen. Das sollte man vorher wissen und die Leidenschaft für den Beruf spüren. Wichtig ist, dass man sich für den gewählten Beruf wirklich begeistern kann.

Berufsausbildung oder abgeschlossenes Studium: Wer verdient mehr?


Stuzubi: Das Gerücht, dass Akademiker*innen mehr verdienen als Leute mit einer beruflichen Ausbildung hält sich hartnäckig. Ist da was dran? Braucht man für ein richtig gutes Gehalt tatsächlich ein Studium?

Jens Brandenburg:
Viele lassen sich durch die Gehaltsstatistiken täuschen. Oft werden hier Äpfel mit Birnen verglichen. Wenn jemand nach vielen Jahren fürs Abitur, Studium und vielleicht noch Promotion sein erstes Gehalt bekommt, dann ist das natürlich eine andere Basis als bei jemandem, der sofort nach der 10. Klasse eine Ausbildung abgeschlossen hat und danach nie eine Fortbildung angeschlossen hat. Mit einer dualen Ausbildung und einer Fortbildung zusammen ist aber in vielen Berufen heute schon oft ein höheres Gehalt möglich als nach manchen Studiengängen. Bei der Berufswahl sollte man aber ohnehin nicht zu einseitig auf Gehaltsstatistiken schauen. Für die Zufriedenheit und den Erfolg im Beruf ist das Wichtigste, dass man Freude an der Arbeit hat.

Stuzubi: Wenn ein Studium und eine Ausbildung zwar unterschiedlich, aber gleichwertig sind, bedeutet das: Beides hat Vor- und Nachteile. Welche Vorteile habe ich, wenn ich mich für eine Berufsausbildung entscheide, gegenüber Hochschulabsolvent*innen?


Jens Brandenburg: Um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen, brauchen wir gut ausgebildete Fachkräfte. Man steht früh auf eigenen Beinen und kann oft bereits in jungen Jahren Aufgaben mit Verantwortung übernehmen. Auch finanziell sind junge Menschen nach einer Berufsausbildung schnell unabhängig und können sich eine eigene Wohnung leisten, wenn gleichaltrige Studierende noch in Nebenjobs arbeiten. Zudem ist nach einer dualen beruflichen Aus- und Fortbildung das Risiko, arbeitslos zu werden, sogar noch geringer als bei Akademikern.

Stuzubi: Sie waren von 2018 bis 2021 an der Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ des Deutschen Bundestags beteiligt. Welche Einblicke haben Sie dort gewonnen? Wie wird sich die Berufsausbildung in Deutschland weiterentwickeln?


Jens Brandenburg: Der Bundestag hatte sich vorher noch nie so intensiv mit allen Akteuren der beruflichen Bildung auseinandergesetzt. Mit dabei waren zum Beispiel Ausbildungsbetriebe, Kammern, Bildungsforscher, Berufsschullehrkräfte und auch Azubis. Die Empfehlungen der Kommission sind direkt in die Exzellenzinitiative Berufliche Bildung unseres Ministeriums eingeflossen. Die Exzellenzinitiative zielt auf die Verbesserung individueller Chancen, die Förderung von innovativen und modernen Berufsbildungsangeboten und die Förderung einer internationaleren Ausrichtung in der beruflichen Bildung. Diskutiert wurde auch die Gleichwertigkeit von Studium und Ausbildung und die Öffnung der Begabtenförderungswerke für Auszubildende. Das ist jetzt passiert und ein großartiger Schritt. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten der Begabtenförderung berufliche Bildung zeigen Engagement, Neugierde und Ausdauer.

Stuzubi: Sie selbst haben Politikwissenschaft studiert. Haben Sie sich bei Ihrer eigenen Berufsorientierung auch Ausbildungsberufe genauer angeschaut, oder war das für Sie gar keine Option?

Jens Brandenburg: Ich war nach dem Abitur sehr offen und habe mir ein breites Spektrum angeschaut. Handwerklich habe ich zwei linke Hände, das überlasse ich lieber den Profis. Aber meine Eltern hatten einen Landgasthof, das hat mich sehr geprägt. Konkret hatte ich überlegt, ein duales Studium im Bereich Veranstaltungsmanagement zu machen. Am Ende bin ich aber meiner Leidenschaft für Wirtschaft und Politik gefolgt und entschied mich für ein Studium der Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre.

Mach doch eine Ausbildung! Die Duale bringt dich zum Traumjob

Die duale Berufsausbildung bietet mit über 300 anerkannten Ausbildungsberufen jungen Menschen vielfältige Karrierechancen. Herausforderungen wie die Bekämpfung des Klimawandels oder die Digitalisierung sind nur mit hervorragend aus- und weitergebildeten Fachkräften zu bewältigen. Seit August 2020 macht das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit der Kampagne „Die Duale“ die Möglichkeiten der dualen Berufsausbildung in der Öffentlichkeit sichtbar. Auf der Berufsorientierungsmesse Stuzubi ist „Die Duale“ 2024 erstmals mit eigenen Messeständen vertreten – in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Köln, Düsseldorf und Hannover.

Das erwartet dich:

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