Am Himmel des deutschsprachigen Pops ist ein neuer Star aufgegangen: Mit seiner ersten Single „Nur noch kurz die Welt retten“ stürmte Tim Bendzko die Charts. Auch sein Debüt-Album „Wenn Worte meine Sprache wären“ landete auf An- hieb auf den vorderen Plätzen – der Titelsong gewann sogar den Bundesvision Song Contest. Seit November tourt der Singer-Songwriter nun durch Deutschland. Stuzubi-Redakteurin Julia Stark hat mit ihm über seine Musikkarriere, sein Theologiestudium, den plötzlichen Durchbruch und die Sonnen- und Schattenseiten des Erfolgs gesprochen.

Vor wenigen Monaten hast du noch zu den unbekannten Musikern gehört. Jetzt werden deine Lieder im Radio rauf und runter gespielt. Wie fühlt sich der plötzliche Erfolg an?

Tim Bendzko: So plötzlich kam das gar nicht, ich arbeite schon seit 16 Jahren darauf hin. Aber dass jetzt alles so schnell ging, erstaunt mich. Zu kapieren, dass es wirklich geklappt hat, ist schwierig. Der Erfolg hat seine Vorteile und seine Nachteile. Inzwischen werde ich auf der Straße angesprochen, das war bis vor kurzem nicht so. Aber die Leute machen das nicht, weil ich ein netter Kerl bin, sondern nur weil ich bekannt bin. Und überall bekomme ich plötzlich einen viel besseren Service. Das ist irgendwie unangenehm, ich hab‘ doch gar nichts Besonderes gemacht, der Service sollte für alle Leute gleich gut sein. Aber vor hunderten von Leuten in einer ausverkauften Halle zu spielen ist genau das, was ich immer machen wollte, darüber freue ich mich.

Ursprünglich warst du aber auf einem Sportgymnasium und wärst fast Profifußballer geworden. Ist es da nicht eine Wende um 180 Grad, dass du jetzt ein Popstar bist?

Tim Bendzko: Sport hat mir zwar auch Spaß gemacht, aber Musik als Beruf, das wollte ich schon, seitdem ich zehn oder elf Jahre war. Ich bin aber bewusst auf keine Musikschule gegangen. Ich sage nicht, dass die schlecht sind, aber das hätte mir meine Ecken und Kanten abgeschliffen, und die wollte ich mir erhalten.


Jenny Nowak, erste deutsche Meisterin in Nordischer Kombination, studiert an der IST Hochschule © DSV Nordisch

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Hast du dann in deiner Freizeit viel Zeit mit Musik verbracht?

Tim Bendzko: Eigentlich nicht, ich hatte immer ein schlechtes Gewissen, weil ich fand, dass ich viel mehr tun müsste. Bei Konzerten war es manchmal so, dass eine Woche vor dem Auftritt noch zwei oder drei Songs gefehlt haben und ich die dann noch schnell geschrieben habe. Überhaupt bin ich ein Spätzünder, ich habe erst mit 16 Jahren angefangen, Gitarre zu lernen und spiele gerade mal so gut, dass es zum Songschreiben reicht. Ich war auch keiner, der in Schulbands mitgespielt hat.

Gehörst du zu denjenigen, die unter Druck besonders gut arbeiten können?

Tim Bendzko: Wenn ich Termindruck habe schon. Aber ich muss alleine dabei sein. Einmal sollte ich für einen Radiosender spontan vor Ort einen Song schreiben. Der ist zwar auch gut geworden, aber wäre ich für mich gewesen, wäre da sicher noch mehr gegangen.

Nach dem Abi hat Tim Bendzko Theologie studiert

Nach dem Abi hast du einige Semester Evangelische Theologie und nichtchristliche Religionen studiert. Hättest du dir auch vorstellen können, vielleicht Religionslehrer zu werden?

Tim Bendzko: Nein, ich habe das studiert, weil es mich einfach interessiert hat. Beruflich wollte ich nie etwas in dieser Richtung machen. Aber es war spannend. Ich habe auch ganz bewusst Theologie und nichtchristliche Religionen und nicht Religionswissenschaften studiert, weil das von Leuten gelehrt wird, die daran glauben. Ich wollte das von Leuten vermittelt bekommen, die dem positiv gegenüberstehen und nicht von welchen, die davon ausgehen, dass davon nichts stimmt.

Du wirst immer wieder mit Xavier Naidoo verglichen. Ehrt oder stört dich das?

Tim Bendzko: Da bin ich ziemlich emotionslos. Ich kann das verstehen. Alles, was man nicht kennt, beschreibt man mit Dingen, die man schon kennt. Ich schätze Xavier aber sehr. Er schreibt unglaubliche Texte und ist stimmlich einfach unerreicht.

Deine Texte haben immer wieder auch sozialkritische Komponenten. Verfolgst du mit deiner Musik ein gesellschaftliches Ziel?

Tim Bendzko: Nein, ich bin keiner von denen mit dem erhobenen Zeigefinger. Ich schreibe mir das einfach von der Seele, das sind persönliche Dinge, die aus mir selbst kommen. Einen missionarischen Zweck hat meine Musik nicht.

Hast du eigentlich bei deinen Auftritten noch Lampenfieber?

Tim Bendzko: Inzwischen nicht mehr, wenn man zwei bis drei Konzerte die Woche hat, bekommt man Übung. Früher habe ich mich vor Auftritten oft gefragt, wieso tue ich mir das an. Jetzt bin ich zwar noch ein bisschen unruhig, aber nicht mehr panisch. Das liegt aber auch an meiner Band, die lässt mich nicht im Stich und spielt immer nahezu perfekt, auch wenn wir mal nicht geprobt haben. Außerdem ist es was anderes, ob man vor hundert Leuten oder Tausenden spielt. Bei wenigen zieht einer, dem es nicht gefällt, die anderen vielleicht mit, bei großen Massen kann das nicht passieren.

Angenommen, es hätte mit der Musik nicht geklappt – welchen Beruf hättest du dir sonst vorstellen können?

Tim Bendzko: Für mich war immer klar, dass ich mir darüber erst Gedanken mache, wenn ich mir eingestehen muss, dass es für die Musik nicht reicht. Ich hatte nie einen Plan B, wenn man den hat, landet man nämlich auch sehr schnell da. Sicher ist nur, dass aus mir kein normaler Angestellter geworden wäre, das ist nicht das Richtige für mich. Ich brauche etwas, bei dem man selbstständig sein kann und viel unterwegs ist.

Und wie geht es mit deiner Musikkarriere jetzt weiter?

Tim Bendzko: Im kommenden Jahr werde ich sehr viel live spielen. Die nächsten Konzerte sind komplett ausverkauft, bei meiner Tour haben wir über 30 Zusatztermine. Irgendwann wird es natürlich auch ein neues Album geben, aber ich bezweifle, dass das schon nächstes Jahr sein wird. Und dann werden wir sehen, im Moment habe ich so viel zu tun, dass ich nicht groß weiter planen kann. Aber auf das nächste Album freue ich mich jetzt schon.

Vielen Dank für das Gespräch, Tim.

Das Interview erschien zuerst in der von der Stuzubi GmbH herausgegebenen Zeitschrift ABIQ 2011

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