Richtig gendern – nicht nur im Pride Month

Richtig gendern © Adobe Stock

Nicht nur Frauen, auch inter*, trans* und nichtbinäre Menschen werden im Sprachgebrauch oft einfach übergangen – auch heute noch. Grund dafür ist häufig gar nicht einmal mangelnde Einsicht, sondern vielmehr Unwissenheit. Dabei ist gendern mit geschlechtergerechter Sprache gar nicht so schwer. Unsere kleine Anleitung zum Stuzubi Themenschwerpunkt Pride Month zeigt dir, wie es geht.

Richtig Gendern

    Warum ist gendern wichtig?

    Beim Thema Gendern scheiden sich vielfach die Geister. Vor allem ältere Menschen denken sich oft: Das mit dem generischen Maskulinum, bei dem die männliche Form für alle steht, hat doch immer gut geklappt, und wird von allen verstanden. Mag sein. Aber: Wer nicht genannt wird, taucht auch nicht in den Köpfen auf. Mehrere Studien von Forschungsinstitutionen, unter anderem eine Untersuchung der Freien Universität Berlin, belegen: Der Verzicht auf die weibliche Nennung von Berufsbezeichnungen führt zum Beispiel dazu, dass Mädchen die entsprechenden Berufe bei ihrer Berufswahl gar nicht in Betracht ziehen.

    Als weiteres Argument gegen das Gendern wird häufig angeführt: Ach, das ist doch so kompliziert. Aber das stimmt nicht. Wenn du bereit bist, ein paar kleine Gewohnheiten umzustellen, ist es ganz einfach, eine Sprache zu sprechen, die allen Geschlechtern gerecht wird und Diskriminierung vermeidet.

    Richtig gendern: Möglichkeiten im Überblick

    Feste Regeln gibt es für geschlechtergerechte Sprache nicht. Du hast drei verschiedene Möglichkeiten, die jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile haben:

    • Zusätzlich zur männlichen Form wird jeweils immer auch die weibliche Form genannt.
    • Statt männlicher und weiblicher Formen werden neutrale Begriffe verwendet ohne Geschlechtsbezug.
    • Alle Geschlechter werden genannt.

    Im Folgenden stellen wir dir die unterschiedlichen Varianten kurz vor.

    Männlich und weiblich ist noch lange nicht vielfältig

    Weit verbreitet ist inzwischen die zusätzliche Ansprache der weiblichen Form, statt nur die männliche Form zu verwenden und davon auszugehen, dass sich alle angesprochen fühlen.

    Beispiel:

    • die Schülerinnen und Schüler

    Damit Texte durch die doppelte Nennung nicht zu lang werden, gibt es dafür verschiedene Abkürzungen:

    • die Schüler/-innen
    • die SchülerInnen

    In der gesprochenen Sprache kannst du diese Variante durch eine kurze Pause vor der weiblichen Endung zum Ausdruck bringen. Die jeweiligen Artikel werden in beiden Formen vorangestellt und durch einen Schrägstrich getrennt: der/die.

    Doch auch wenn die Erwähnung der Frauen schon mal ein guter Ansatz ist und längst überfällig war – schließlich ist etwa die Hälfte der Menschheit weiblich – hat diese Form des Genderns ein erhebliches Manko: inter*, trans*, nonbinäre Menschen und alle anderen Geschlechter werden damit ausgeblendet und Minderheiten weiterhin sprachlich diskriminiert. Die LGBT*IQ-Bewegung empfiehlt deshalb andere Varianten des Genderns.

    Gendern mit neutraler Ansprache

    Eine Alternative zur verallgemeinernden männlichen Form und der Nennung von Männern und Frauen ist der Verzicht auf geschlechtsbezogene Sprache. Du kannst zum Beispiel übergeordnete Begriffe verwenden:

    • Lehrkräfte statt Lehrerinnen und Lehrer

    Weil es solche übergeordneten Begriffe nicht immer gibt, haben sich zunehmend Formulierungen mit sogenannten Partizipien etabliert. Allerdings funktioniert das nur im Plural:

    • Studierende statt Studentinnen und Studenten

    Kritikpunkt an dieser Variante des Genderns: Alle Geschlechter, auch Frauen, inter* und trans* Menschen, werden dadurch unsichtbar. Dabei ist es doch eigentlich das Ziel der geschlechtergerechten Sprache, Vielfalt zu zeigen und so für mehr Akzeptanz zu sorgen.

    Gendern für LGBT*IQ: So funktioniert‘s

    Auf einen Sprachgebrauch zu achten, der alle Geschlechter mit einschließt, ist gar nicht so schwer. Du hast dafür drei Möglichkeiten:

    • Gendersternchen: Du setzt vor der weiblichen Endung ein Sternchen – Schüler*in
    • Gender-Gap: Du setzt vor der weiblichen Endung einen Unterstrich – Schüler_in
    • Gender-Doppelpunkt: Du setzt vor der weiblichen Endung einen Doppelpunkt – Schüler:in

    Beim Sprechen machst du an der Stelle des Gendersternchens, beim Gender-Gap oder Gender-Doppelpunkt einfach eine kurze Pause.

    Der Nachteil von Gendersternchen, Gender-Gap und Gender-Doppelpunkt: Diese Schreibweisen sind laut Duden noch nicht offiziell anerkannt. Doch das bedeutet nicht, dass du diese Art der Formulierung nicht nutzen kannst: Je mehr Menschen diese Formen der Anrede verwenden, desto größer ist die Chance, dass sie zum allgemeinen Standard wird.

    Weitere progressive Formen des Genderns

    Neben Gendersternchen, Gender-Gap und Gender-Doppelpunkt sind in jüngster Zeit verschiedene weitere Varianten entstanden wie zum Beispiel:

    • X-Form: Schülerx
    • A-Form: Schülera

    Als Pronomen gibt es Mischungen aus sie und er, beispielsweise sier, oder Mischformen, die zusätzliche Geschlechter beinhalten wie xier. In der breiten Öffentlichkeit haben sich diese Schreibweisen aber bisher noch nicht durchgesetzt.

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    Gendern mit persönlicher Ansprache

    Wenn du dir nicht sicher bist, wie dein Gegenüber angesprochen oder angeschrieben werden möchte, gibt es eine weitere Möglichkeit: Du kannst einfach den Namen verwenden. Die Anrede mit Vor- und Nachnamen ist in der LGBT*IQ-Bewegung akzeptiert und wird oft verwendet, wenn sich Menschen noch nicht kennen. Auch anstelle von Pronomen bietet sich die erneute Nennung des vollen Namens an.

    Das mag vielleicht anfangs ein bisschen ungewohnt klingen, hat aber einen weiteren Vorteil: Nicht immer geben Vornamen Auskunft über das Geschlecht. Der Name Andrea beispielsweise ist in Deutschland ein Frauenname, in Italien dagegen ein Männername. In der Anrede Frauen und andere Geschlechter zu übergehen, gilt zwar nach wie vor immer noch nicht als peinlich – einen Mann als Frau anzusprechen oder umgekehrt allerdings schon. Durch die volle Namensnennung kannst du dieses Fettnäpfchen vermeiden.

    Völlig legitim ist es außerdem, bei Unklarheiten individuell nach der gewünschten Anrede zu fragen. Denn Unwissenheit ist, im Gegensatz zu Ignoranz, keine Respektlosigkeit, und kann meistens schnell und einfach behoben werden.

    Gendern in Mails und Briefen

    Auch wenn vor allem ältere Generationen damit noch Schwierigkeiten haben: Die Formulierung „Sehr geehrte Damen und Herren“ entspricht den Standards geschlechtergerechter Sprache eigentlich nicht mehr. Stattdessen kannst du zum Beispiel folgende Anreden verwenden:

    • Sehr geehrtes Team (von Unternehmen XY),
    • Sehr geehrte Mitarbeiter_innen der XY-Abteilung,

    In Unternehmen und vor allem auch in Behörden sind geschlechtergerechte Anredeformen aber häufig noch nicht in den Softwaresystemen hinterlegt – ein Problem, das auch an vielen Universitäten und Hochschulen echte Diversität untergräbt, mahnt die Expertin Claudia Krell im Stuzubi-Interview anlässlich des Pride Month.

    Die eleganteste und sinnvollste Alternative ist deshalb auch hier die konkrete Ansprache der jeweils zuständigen Person. Das gilt besonders für Bewerbungsschreiben.

    Richtig gendern – nicht nur im Pride Month 1

    Gendern in Bewerbungsschreiben

    Auch wenn sich beim Gendern schon viel getan hat – geschlechtergerechte Sprache ist noch keine Selbstverständlichkeit und sorgt mancherorts weiterhin für Diskussionen. Das bedeutet: Ob du mit einem gendergerechten Bewerbungsanschreiben Pluspunkte sammeln kannst, hängt vom jeweiligen Unternehmen ab.

    Richtig liegst du mit gendergerechter Sprache auf jeden Fall bei

    • Bewerbungen im öffentlichen Dienst
    • Bewerbungen bei Hochschulen (z.B. fürs duale Studium)

    Wie dein Ausbildungsbetrieb zum Gendern steht, zeigt dir in der Regel ein Blick auf die Webseite. Klischees sind dabei fehl am Platz: Auch Handwerksbetriebe sind teilweise sehr offen für Vielfalt, unter Umständen sind manche Technologieunternehmen dagegen eher konservativ.

    Wenn auf der Unternehmens-Homepage durchgehend die männliche Schreibweise verwendet wird, musst du damit rechnen, dass konsequente gendergerechte Sprache in deinen Bewerbungsunterlagen vielleicht gar nicht so gut ankommt. In diesem Fall kannst du entweder deine Bewerbung entsprechend anpassen, oder gendern und ausprobieren, ob du trotzdem zum Vorstellungsgespräch eingeladen wirst – oder du bewirbst dich einfach bei einem anderen Betrieb. Die Entscheidung liegt bei dir.


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    2 Antworten

    1. Hallo, ich habe eine Frage zu den progressiven Formen: Kann man dann zum Beispiell statt Arbeiter*innen einfach Arbeiterx schreiben? Wie „anerkannt“ ist diese Schreibweise? Und noch eine Frage zum persönlichen Pronomen: wenn ich „sier“ verwende, inkludiere ich dann m/w/d oder ist dieses Pronomen ausschließlich für non-binäre Personen gedacht?

      1. Liebe Sonja,
        das Gendern mit der Endung x ist allgemein (noch) nicht sehr verbreitet und findet eher innerhalb der LGBT*IQ-Bewegung Anwendung. Grundsätzlich hat Arbeiterx die gleiche Bedeutung wie Arbeiter*innen und umfasst alle Geschlechter. Das Pronomen sier versteht sich als geschlechtsneutral, d.h., es richtet sich an kein bestimmtes Geschlecht. Nonbinäre Menschen wünschen sich häufig die Verwendung des Pronomens sier. Mehr Infos zu den progressiven Formen des Genderns gibt es unter https://www.proutatwork.de/angebot/how-to-nr-3/.
        Viele Grüße, Julia vom Stuzubi-Team

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