Forschung für Klimaschutz und Nachhaltigkeit

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Von Julia Stark

Politische Proteste sind das eine – wer sich effektiv für den Klimaschutz und Nachhaltigkeit engagieren will, kann aber auch bei der Berufs- und Studienwahl ansetzen. Markus Götz und Lisa Jach promovieren an der Bioökonomie Universität Hohenheim. Beide haben ihren Bachelor im Studiengang Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie absolviert und sind sich einig: Nachhaltigkeit zerstört keine Jobs, sondern schafft Arbeitsplätze.

Junge ForscherInnen berichten über ihre Arbeiten zum Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit

  • Doktorand Markus verwandelt Abfälle in Kunststoff, Lisa erforscht in ihrer Dissertation Einflussfaktoren für das Klima und den Klimaschutz.
  • Der Klimawandel lässt sich nicht mehr stoppen, aber abschwächen.
  • Neue Technologien und ein Umdenken in der Wirtschaft könnten Ressourcen schonen und Arbeitsplätze schaffen.
Nachhaltige Berufe

    Was ist eine Pflanze? Welche chemischen Prozesse finden statt, wenn sie wächst, Photosynthese betreibt, Kohlendioxid in Sauerstoff verwandelt? Fragen wie diese haben Markus schon immer interessiert. „Nach dem Abi wollte ich unbedingt was mit Bio machen“, erzählt der heute 27-Jährige. Ein klassisches Biologiestudium sei aber nicht in Frage gekommen: „Die Jobaussichten sprachen dagegen.“ In der freien Wirtschaft unterzukommen sei für Biologen oft schwierig, und ein Lehramtsstudium sei für ihn keine Option gewesen. „Meine Eltern sind beide Lehrer, da will man das nicht“, sagt Markus und lacht.

    Klimaschutz studieren: Naturwissenschaften und Technik

    Für ein agrarwissenschaftliches Studium an der Bioökonomie Universität Hohenheim habe er sich entschieden wegen der Möglichkeit, Naturwissenschaften mit Technik zu verbinden: „Mein Fach ist aber kein klassisches Ingenieursstudium mit viel Thermodynamik und Mathe.“

    Vielmehr gehe es um einen ganzheitlichen Ansatz, beginnend bei den biochemischen Eigenschaften der Pflanze über die technischen Verfahren zur Energiegewinnung oder Nutzung als Rohstoff für Produkte bis zur wirtschaftlichen Vermarktung. „Daraus ergeben sich interessante Berufsbilder“, sagt Markus. Aktuell wendet er sein Wissen in der Forschung an und befasst sich dabei vor allem auch mit Fragen für den Umwelt- und Klimaschutz.

    Ressourcen nachhaltig nutzen

    Als Doktorand arbeitet er daran, Abfallprodukte wie altes Brot oder Stroh aus der Landwirtschaft zu recyceln. „Wir brauchen vor allen die Kohlenhydrate aus der Pflanze, die kochen wir in einer Art Schnellkochtopf mit Wasser auf“, erklärt er.

    Daraus lasse sich zum Beispiel ein mit Plastik vergleichbarer Kunststoff für Lebensmittelverpackungen, oder auch Autositze oder Material für Textilien herstellen oder man könne aus Chicorée-Wurzelrüben Nylonstrümpfe produzieren. Möglich sei auch ein Einsatz der in Pflanzen enthaltenen Kohlenhydrate in Batterien für die E-Mobilität. Im Moment werde hierfür beispielsweise noch Lithium verwendet: „Aber das geht mit anderen Kohlenstoffmaterialien auch auf Natriumbasis.“

    Umweltschutz in der Landwirtschaft

    Auch Lisa hat das Fach Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie in Hohenheim studiert, sich danach aber konkreter in Richtung Klimaschutz orientiert. „Bei mir war immer klar, dass ich etwas im Bereich Umwelt machen wollte“, sagt die 25-Jährige, die ursprünglich aus Köln stammt.

    Die Entscheidung sei gefallen, als sie ab der achten Klasse an einem Projekt zu Solarenergie in Kooperation mit einer Schule aus Madagaskar teilgenommen habe: „Die haben dort keinen Strom aus der Steckdose.“ Mehrfach seien Vertreter der Schule nach Köln gekommen. Ein geplanter Gegenbesuch der Kölner Schüler in Afrika sei jedoch wegen der politischen Verhältnisse abgesagt worden.

    Regenerative Energien erforschen

    Was blieb, war Lisas Interesse an regenerativen Energien. Die Studiengänge, die es in Nordrhein-Westfalen im Bereich Umweltwissenschaften gebe, seien ihr aber zu technisch gewesen: „Ich habe dann bei den Kursen immer nur gesehen ‚Mathe 1-3‘, und so etwas wollte ich nicht.“ Ihr Ziel sei von Anfang an ein ganzheitlicher Ansatz gewesen: „Mir ging es um die gesamte Kette.“

    Als sie den Studiengang an der Bioökonomie Universität Hohenheim mit den drei Säulen Landwirtschaft, Technologie und Wirtschaftswissenschaft entdeckte, schrieb sie sich ein und zog von Köln nach Stuttgart. Der Ortswechsel sei für sie kein Problem gewesen. „Ich hatte einen Platz im Studentenwohnheim und habe mich gleich am ersten Tag mit meiner Nachbarin angefreundet“, erzählt sie.

    Im Studium habe sie zunächst das Thema Landwirtschaft begeistert: „Auf meinem Balkon habe ich alle möglichen Pflanzen gezüchtet.“ Spezialisiert hat sie sich aber auf ein anderes Gebiet. Ihre Bachelorarbeit schrieb Lisa am Institut für Physik und Meteorologie im Bereich Klimamodellierung.

    Modelle zum Klimawandel

    Lisa hat sich an der Uni Hohenheim unter anderem mit dem Thema Erderwärmung beschäftigt. Vertieft hat sie ihre Nachforschungen in ihrer Masterarbeit, in der es um die Auswirkungen von Wärmeflüssen an der Landoberfläche auf die Temperatur und den Niederschlag ging. In ihrer Doktorarbeit befasst sie sich nun damit, wie eine veränderte Landschaft die Temperatur und den Regen beeinflusst.

    „Ich teste zum Beispiel im Modell, was passieren würde, wenn man in ganz Europa Wald oder Gras pflanzen würde“, erklärt die junge Wissenschaftlerin. Erste Ergebnisse hat sie schon. Eine deutliche Änderung der Temperatur sei auf jeden Fall zu erwarten. Was den Niederschlag betreffe, seien ebenfalls Änderungen zu beobachten, aber das Nachvollziehen der Ursachen sei schwieriger: „Niederschlagsbildung ist ein komplexer Prozess und schwer vorhersagbar.“

    Nachhaltigkeit sichert Jobs

    Was Lisa im Modell untersucht, lässt sich auch auf die Welt übertragen. „Der Klimawandel kommt, er ist sogar schon da“, sagt sie. Die Klimaschutz-Demonstrationen der Jugendlichen im Rahmen der Fridays for Future-Bewegung seien deshalb gerechtfertigt und nachvollziehbar: „Das ist die Generation, die am meisten vom Klimawandel betroffen ist.“

    Auch Markus begrüßt das politische Engagement der Jugendlichen für die Umwelt und den Klimaschutz. „Fridays for Future ist unser Nachwuchs“, sagt er. Das Argument der Gegner der Umweltaktivisten, dass Nachhaltigkeit Arbeitsplätze vernichte, sei falsch: „Ganz im Gegenteil, dadurch entstehen viele neue Jobs.“

    Doch was passiert, wenn der Klimawandel zur ernsten Bedrohung wird? „An einen großen Blackout glaube ich nicht“, sagt Markus. Lisa hat dagegen mehr Bedenken. Wie dramatisch die Lage tatsächlich werde, sei momentan noch nicht voraussehbar, räumt sie ein: „Das hängt davon ab, wie wir handeln.“ Es gebe Simulationen bis ins Jahr 2400, die beängstigend seien.

    Kommt der Klimaschutz zu spät?

    Denkbar sind regional ganz unterschiedliche Szenarien. Die globale Erwärmung könne zum Beispiel den Golfstrom zeitweilig zum Erliegen bringen, sagt Lisa – eine Situation, die in der Geschichte der Erde schon mehrmals eingetreten sei: „Dann wird es in Europa für ein paar Jahrhunderte kälter, das kann bis minus 30 Grad gehen.“

    Übersteige die Erderwärmung ein bestimmtes Maß, gerate das Klima in eine Art Teufelskreislauf mit immer höheren Durchschnittstemperaturen, warnt Lisa. Was dann geschehe, sei nicht mehr abschätzbar. Allerdings könne dieser kritische Punkt vielleicht noch vermieden werden: „Wenn wir die globale Erwärmung auf maximal zwei Grad, besser 1,5 begrenzen, haben wir eine Chance.“

    Die Wissenschaft habe dabei eine zentrale Funktion, indem sie die naturwissenschaftlichen Vorgänge nachvollziehbar mache und entsprechende Technologien zur Verfügung stelle. Aber ihr komme noch eine weitere Aufgabe zu. „Wir müssen raus aus unserer Blase, unsere Informationen verständlich aufbereiten und mit unserem Wissen an die Öffentlichkeit gehen“, mahnt Lisa. Der Klimawandel lasse sich zwar nicht mehr aufhalten. Das Ausmaß der Probleme sei aber beeinflussbar.

    Klimaschutz im Alltag

    Einen Beitrag zum Klimaschutz kann jeder leisten – und zwar über das Kaufverhalten. Eine massive Umweltsünde seien zum Beispiel holländische Gewächshäuser, in denen im Winter unter anderem Tomaten angebaut würden, sagt Lisa: „Man kauft das guten Gewissens, weil der Transportweg kurz ist, aber durch das Beheizen der Gewächshäuser wird unglaublich viel Kohlendioxid ausgestoßen.“ Auch in Gewächshäusern gezüchtete Blumen seien ein echter Klimakiller. Zu den Negativbeispielen zählen hier ebenfalls die Niederlande: „Es ist für den Klimaschutz sogar besser, Rosen aus Afrika zu kaufen als die aus Holland.“

    Private Haushalte seien außerdem an einem großen Teil des Plastikmülls in der Umwelt schuld, erklärt Markus: „Das landet, zumindest in Deutschland und Europa, meistens nicht in den Flüssen, sondern auf dem Acker über Kompostierungsanlagen.“ Wie das Plastik in den Kompost gelangt? „Der Müll wird nicht sauber getrennt, der Kunststoff landet in der Biotonne.“

    Abfälle aus Privathaushalten seien oft nicht mehr recycelbar, weil die verschiedenen Materialien vermischt würden. Für seine Forschungen verwende er deshalb nur Reststoffe aus Betrieben, etwa aus der Landwirtschaft oder Bäckereien: „Mit Biomasse Chemie zu machen ist nicht ganz so einfach, da sind uns zur Zeit sortenreine Abfälle am Liebsten.“

    Umweltschutz erfordert Umdenken

    Um mit nachhaltigen Rohstoffen effektiv wirtschaften zu können, sei ein Umdenken auf dem betriebswirtschaftlichen Sektor nötig, erklärt Markus. Früher habe bei Ingenieuren der Grundsatz gegolten je größer, desto billiger: „Aber wir können Biomasse nicht in dem Umfang mit einem nachhaltigen Transport zu BASF bringen.“ Die Lösung des Problems: dezentrale Wertschöpfung, bei der die Rohstoffe in kleinen Mengen vor Ort weiterverarbeitet würden.

    Im Stuttgarter Raum gebe es schon jetzt viele kleine Anlagen, etwa für Biogas, in denen aus Reststoffen der Landwirtschaft und der Industrie Energie gewonnen werde. „Der kleine Maßstab funktioniert“, betont Markus. Auch seien bereits Konzepte vorhanden, um fossile Stoffe wie Erdöl zu ersetzen, die nur begrenzt vorhanden seien. Geforscht werde zum Beispiel nach Alternativen für Phosphor, ein Stoff, der unter anderem für Dünger und Waschmittel gebraucht wird. „Phosphor wird uns vielleicht noch vor dem Erdöl ausgehen“, sagt Markus. Derzeit werde an einem Verfahren gearbeitet, um Phosphate in Abfällen wieder zu verwerten.

    Nachhaltigkeit als Kaufargument reicht nicht aus

    Grundsätzlich wurden schon viele Technologien zur nachhaltigen Deckung des Bedarfs entwickelt. Das Problem umweltverträglicher Produktion liege jedoch im wirtschaftlichen Bereich, sagt Markus: „Wenn es um den Preis geht, spielt Nachhaltigkeit keine Rolle mehr, was teurer ist, wird erstmal nicht gekauft.“ Erfolgreich sein könne Umwelt- und Klimaschutz deshalb nur, wenn die umweltfreundlichen Produkte auch bessere Eigenschaften hätten: „In unseren biologischen Kunststoffflaschen bleibt Sprudel zum Beispiel länger spritzig als in konventionellen Plastikflaschen.“ Damit könne man den höheren Preis rechtfertigen.

    In die Zukunft blickt Markus mit Optimismus: „Ich glaube, dass Nachhaltigkeit funktioniert, sonst würde ich diesen Job nicht machen.“ Allerdings sei unter Umständen ein Umdenken in der Gesellschaft nötig: „Und Veränderungen sind immer schwer.“ Auch Lisa hat Hoffnung. Die Fridays for Future –Bewegung zeige, dass die Notwendigkeit von Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Bevölkerung immer mehr wahrgenommen werde: „Vielleicht gibt das den Anstoß, dass politisch etwas getan wird.“ Wenn die Warnungen aus der Wissenschaft von der Politik nicht länger ignoriert würden, könne man das Ausmaß des Klimawandels vielleicht noch in Grenzen halten.

    Bachelor-Studiengänge zum Thema Umwelt und Nachhaltigkeit

    Die Bioökonomie Universität Hohenheim bietet zwölf Bachelorstudiengänge in den drei Fächergruppen Agrar- und Ernährungswissenschaften, Naturwissenschaften sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.


    Video ARD alpha Uni: Berufe im Klimaschutz

    Klimaschutz und Klimaneutralität, das ist der Job von Constanze Neumann. Sie arbeitet in Höhenkirchen-Siegertsbrunn im Amt für Umwelt, Energie und Verkehr. Die 31-Jährige hat Bioingenieurwesen an der Hochschule München studiert (BA) und einen Master in Umweltplanung und Ingenieurökologie an der Technischen Universität München gemacht. Das Video ist ein Film des Formats alpha Uni, einem Angebot von ARD alpha.


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