Bundesfreiwilligendienst in der Flüchtlingshilfe

Bundesfreiwilligendienst in der Flüchtlingshilfe, Bild: Interkulturanstalten

Ein Bundesfreiwilligendienst nach dem Schulabschluss kann dazu beitragen, dass du das Leben aus einer ganz neuen Perspektive siehst. Absolvieren kannst du den gemeinnützigen Dienst in vielen Bereichen – zum Beispiel auch in der Flüchtlingshilfe. Seit dem Ukrainekrieg werden dort verstärkt helfende Hände gebraucht.

Freiwilligendienst im Gap Year

    „Ohne unsere Bufdis ginge bei uns gar nichts“, sagt Yesim Kargin vom Team der Flüchtlingseinrichtung Ulme 35 in Berlin-Wilmersdorf. Bufdis, das steht als Abkürzung für die Teilnehmer*innen des Bundesfreiwilligendienstes, der ähnlich wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) als rechtlich geregelte Tätigkeit in gemeinnützigen Einrichtungen absolviert werden kann. Eine Möglichkeit, von der vor allem Abiturientinnen und Abiturienten Gebrauch machen, die vor ihrem Studium oder dem Start in die Ausbildung ein Jahr pausieren möchten.

    Maram allerdings kam über ihr Praktikum fürs Fachabi zur Ulme 35. Die 24-jährige Syrerin lebt seit sechseinhalb Jahren in Berlin und arbeitet nun als Bufdi in der Flüchtlingseinrichtung, in der Geflüchtete Beratungs- und Freizeitangebote wahrnehmen können. „Wenn ich hier jetzt die Ukrainerinnen und Ukrainer treffe, dann weiß ich genau, was sie erlebt haben“, sagt sie. Denn im Alter von 14 Jahren musste sie selbst vor dem Krieg aus ihrem Heimatland fliehen.

    Eigene Privilegien hinterfragen

    „Wir begrüßen es sehr, wenn sich Geflüchtete für einen Bundesfreiwilligendienst bei uns bewerben“, sagt Kargin. Jedoch scheitere dies of am Geld, räumt sie ein: „Familien mit Fluchthintergrund haben meistens nicht den finanziellen Background wie die durchschnittliche Abiturientin mit deutschen Eltern.“ Doch gerade auch für Jugendliche aus besser gestellten Verhältnissen sei ein Freiwilligendienst in der Flüchtlingshilfe eine wertvolle Erfahrung. Der Kontakt zu den Geflüchteten führe dazu, eigene Privilegien zu hinterfragen, und die Realität in einer neuen Perspektive zu sehen: „Die Teenager merken dann plötzlich, mir geht es doch gar nicht schlecht, denen geht es schlecht. Und in dieser Situation dann helfen zu können, das tut ihnen gut.“

    In der Ulme sind die Bufdis für die Geflüchteten of die ersten Ansprechpartner, wenn sie in die Einrichtung kommen. „Wir klären dann, was die Leute brauchen, und vermitteln sie weiter“, erzählt Maram. Bei den ukrainischen Flüchtlingen sei das aufgrund der Sprachbarrieren manchmal nicht so einfach. „Aber man redet mit Händen und Füßen, und irgendwie klappt das dann schon“, sagt Kargin und lacht.

    Bundesfreiwilligendienst in der Flüchtlingshilfe 1

    Arbeitsalltag in der Flüchtlingshilfe

    Zu den Aufgaben der Freiwilligen gehört außerdem, mehrmals in der Woche für ein paar Stunden das Café der Einrichtung zu unterstützen. Sie helfen bei Workshops mit, in denen die Geflüchteten zum Beispiel malen oder handwerklich aktiv werden, und betreuen das Sprachcafé, in dem Deutsch gelehrt und geübt wird. „Die Tätigkeiten unserer Bufdis richten sich aber vor allem auch nach ihren persönlichen Stärken und Interessen“, sagt Kargin. Ein Freiwilliger übernehme zum Beispiel das Technische und kümmere sich um die IT und Veranstaltungstechnik, eine andere koche und backe gerne, und eine der Freiwilligen engagiere sich besonders im organisatorischen Bereich und verbringe viel Zeit am Rechner.

    Die wichtigsten Voraussetzungen für einen Bundesfreiwilligendienst in der Flüchtlingshilfe seien Offenheit und Toleranz. „Zu uns kommen Leute aus ganz unterschiedlichen Kulturen“, erklärt Kargin. Wer mit Geflüchteten arbeite, müsse in der Lage sein, auch Verhaltensweisen zu respektieren, die nicht den eigenen Erwartungen entsprächen: „Dazu gehört, dass manche Besucherinnen und Besucher vielleicht auch nicht so offen sind, aber man muss dann trotzdem freundlich sein.“

    Gerade diese internationale Vielfalt ist für die Bufdis aber eine große Bereicherung. „Das hier ist ein Begegnungsort für alle Menschen, hier ist es wirklich multikulti, und dabei lernt man sehr viel“, schwärmt Maram. Am besten gefalle ihr die Teilnahme an den Workshops und am Sprachcafé: „Wir reden miteinander und machen Witze, man lernt sich kennen.“ Etwa vier- bis fünfmal pro Woche gebe es Veranstaltungen, die sie mit vorbereite und organisiere. Auch in die Team-Meetings, die zweimal wöchentlich stattfinden, sind die Freiwilligen mit eingebunden. „Da besprechen wir dann, was zu tun ist, und wer was übernimmt“, erklärt Kargin.

    Von der Ukraine nach Berlin

    Seit dem Ukrainekrieg kommen in der Ulme 35 zusätzliche Aufgaben hinzu. Viele, die wegen des Krieges geflohen seien, kämen bei Privatpersonen unter, berichtet Kargin: „Die wissen oft nicht, was sie tun sollen, und wo sie welche Anträge stellen müssen.“ In der Einrichtung finden sie Antworten auf alle relevanten Fragen und werden an die zuständigen Stellen weitervermittelt.

    Außerdem hat die Ulme 35 einen Ukraine-Treff eingerichtet und berät natürlich auch die Flüchtlinge selbst. Weil viele Frauen mit Kindern aus der Ukraine geflohen sind, bietet die Organisation in den Beratungszeiten auch eine Kinderbetreuung an – ebenfalls ein Projekt, an dem Teilnehmer*innen aus dem Bundesfreiwilligendienst zum Einsatz kommen. „Wir passen auf die Kinder auf und essen zum Beispiel mit ihnen“, erzählt Maram.

    Vom Bundesfreiwilligendienst zum Traumberuf

    Ihre Arbeit in der Ulme 35 bereite ihr so viel Freude, dass sie sich auch langfristig einen Job in der Flüchtlingshilfe vorstellen könne, sagt sie. Ihr Plan nach dem Bundesfreiwilligendienst: ein Studium der Fachrichtung Soziale Arbeit. „Viele unserer Freiwilligen entscheiden sich nach dem Dienst für einen sozialen Beruf, auch wenn sie eigentlich etwas ganz anderes vorhatten“, verrät Kargin. Auch das spricht für einen Bundesfreiwilligendienst: Die neuen Perspektiven bringen die Teilnehmer*innen häufig bei der eigenen Berufsorientierung einen entscheidenden Schritt weiter.

    Bundesfreiwilligendienst in der Flüchtlingshilfe 2

    Der Bundesfreiwilligendienst in Zahlen und Fakten

    Der Bundesfreiwilligendienst wurde 2011 als Ersatz für den wegfallenden Wehr- und Zivildienst eingeführt. Insgesamt nahmen im Jahr 2021 mehr als 37.000 Menschen an einem Bundesfreiwilligendienst teil. Weitere Infos: www.bundesfreiwilligendienst.de

    Alterab Abschluss der Vollzeitschulpflicht, keine Altersobergrenze
    Dauersechs bis 24 Monate, in der Regel ein Jahr
    ArbeitszeitVollzeit, Teilzeit ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
    Vergütungje nach Einsatzstelle bis 423 Euro zzgl. Geld oder Sachleistungen für Unterkunft und Verpflegung
    EinsatzstellenGemeinnützige Einrichtungen für Soziales, Ökologie, Sport, Kultur, Integration und Zivil- und Katastrophenschutz
    Bundesfreiwilligendienst: Voraussetzungen und Modalitäten

    Angebote für Freiwilligendienste auf der Studien- und Ausbildungsmesse Stuzubi

    Du interessierst dich für einen Bundesfreiwilligendienst? Auf der Studien- und Ausbildungsmesse Stuzubi kannst du dich am Stand des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben über Einsatzstellen in deiner Region informieren. Außerdem kannst du dich auf der Stuzubi auch zum FSJ und Freiwilligendiensten im Ausland von kompetenten Fachleuten beraten lassen, zum Beispiel am Stand von Eurodesk. Die Messetermine im Überblick

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