Bei deiner Studienwahl entscheidest du dich nicht nur für einen bestimmten Studiengang. Du musst dir auch überlegen, wo du studieren möchtest. Dabei geht es nicht nur um den Ort. Wenn du das allgemeine Abitur oder die fachgebundene Hochschulreife mitbringst, hast du die Wahl zwischen einem Studium an der Universität und einem Studium an der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) oder Fachhochschule (FH). Was Hochschulen für angewandte Wissenschaften bieten und wie das Studium dort funktioniert erklärt dir unser Beitrag.
Was versteht man unter Fachhochschule und Hochschule für angewandte Wissenschaften?
Eine Hochschule für angewandte Wissenschaften oder Fachhochschule ist eine Hochschule, an der du praxisorientiert studieren kannst. Das Studium beinhaltet Pflichtpraktika, bei bestimmten Studiengängen musst du sogar ein ganzes Praxissemester absolvieren. Dozenten und Dozentinnen, die an Fachhochschulen oder Hochschulen für angewandte Wissenschaften lehren, müssen in der Regel verpflichtend einige Jahre Berufserfahrung in Unternehmen mitbringen.
Typisch ist für die Hochschule für angewandte Wissenschaften außerdem eine Spezialisierung auf bestimmte Fachrichtungen, oft im technischen, wirtschaftlichen, sozialen oder kreativen Bereich. Das Spektrum ist dabei meistens durchaus vielfältig, so dass du dich an ein und derselben Hochschule zum Beispiel sowohl für ein BWL-Studium als auch für das Studium Soziale Arbeit, Mediendesign oder Maschinenbau einschreiben kannst.
Die Mehrheit der Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind staatliche Hochschulen. Es gibt aber auch viele private FHs. Rund drei Viertel aller Privathochschulen sind Fachhochschulen, ihr Anteil an allen FHs beträgt fast 41 Prozent. Zum Vergleich: Von den insgesamt 108 Universitäten in Deutschland sind nur 21 in privater Trägerschaft. Mehr zum Thema Privathochschulen findest du in unserem Beitrag Ranking: die besten Privathochschulen.
Ist eine FH eine HAW?
Der Begriff Hochschule für angewandte Wissenschaften – kurz HAW – entstand in den 2000er-Jahren und sollte ursprünglich die bis dahin gängige Bezeichnung Fachhochschule ablösen. Viele Hochschulen für angewandte Wissenschaften nennen sich aber nach wie vor noch Fachhochschule. Darüber hinaus gibt es einige weitere Bezeichnungen. Alle diese Begriffe stehen für den gleichen Hochschultyp:
- Hochschule für angewandte Wissenschaften
- Fachhochschule
- University of Applied Sciences
- Hochschule
Als Oberbegriff für diese Hochschulart hat sich die Bezeichnung Hochschule für angewandte Wissenschaften inzwischen weitgehend etabliert, ohne den Begriff Fachhochschule zu verdrängen. Das bedeutet: Eine FH ist eine HAW – und umgekehrt.
Voraussetzungen für ein Studium an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften
Um an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften studieren zu können, brauchst du mindestens die Fachhochschulreife, eine bestimmte Form des Fachabiturs. Für einige Studiengänge musst du außerdem ein Vorpraktikum nachweisen. Für fachlich passende Studiengänge kannst du dich außerdem mit fachgebundener Hochschulreife immatrikulieren. Mit allgemeinem Abitur steht dir die HAW natürlich ebenfalls offen.
Außerdem kannst du unter bestimmten Umständen auch an Hochschulen für angewandte Wissenschaften studieren, wenn du die zehnte Klasse am Gymnasium erfolgreich abgeschlossen hast. Du musst dann aber den berufspraktischen Teil, der an der Fachoberschule (FOS) erworben wird, durch ein Praktikum nachholen.
Der Anteil der Studierenden mit Fachhochschulreife, die mit ihrem Schulabschluss nur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften und nicht an Universitäten studieren dürfen, liegt dem Statistischen Bundesamt zufolge bei gerade einmal rund 20 Prozent. Insgesamt studieren aber laut einer Erhebung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) rund 40 Prozent aller Studierenden an einer FH – Tendenz steigend. Das bedeutet: Auch viele Schüler*innen mit allgemeiner Hochschulreife entscheiden sich bewusst gegen die Universität und für ein Studium an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften.
Studieren an der FH oder HAW: Für wen lohnt sich das?
Studieren an der Fachhochschule ist beliebt – und zwar nicht nur bei Fachabiturienten und Fachabiturientinnen. Was für die Hochschule für angewandte Wissenschaften spricht: Der ausgeprägte Praxisbezug zeigt dir, wozu du die Dinge, die du lernst, gebrauchen kannst. Wenn es dir wichtig ist, dein Wissen anzuwenden und du dich mehr für Jobs in der freien Wirtschaft als für Forschung und wissenschaftliches Arbeiten interessierst, bist du vermutlich an einer FH besser aufgehoben als an einer Universität.
Ob du dich lieber bei einer Hochschule für angewandte Wissenschaften oder an der Uni bewerben solltest, hängt außerdem von der Fachrichtung ab, für die du dich interessierst. Ein FH-Studium bietet sich vor allem bei Studiengängen mit hohem Praxisbezug an, zum Beispiel im technischen, sozialen oder gestalterischen Bereich, oder unter Umständen auch bei einem betriebswirtschaftlichen Studium. Mehr dazu findest du in unserem Beitrag Unterschiede Hochschule Universität.
Studiengänge an Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften
Hochschulen für angewandte Wissenschaften konzentrieren sich häufig auf Studiengänge aus dem MINT-Bereich, der Fachrichtung Soziales und Gesundheit, BWL und Wirtschaftswissenschaften oder auch kreative Studiengänge, zum Beispiel aus den Bereichen Kommunikation, Medien und Gestaltung. Wenn du nach dem Abi oder Fachabi an die FH oder HAW gehst, beginnst du mit einem Bachelorstudium, später kannst du ein Masterstudium anschließen. Studiengänge, die mit Staatsexamen abschließen, wie zum Beispiel ein Medizinstudium, das Studium auf Lehramt oder das klassische Jurastudium werden an der Hochschule für angewandte Wissenschaften nicht angeboten. Ausnahme sind die Pädagogischen Hochschulen, an denen du alle Lehramtsstudiengänge außer dem Studium fürs Lehramt an Gymnasien studieren kannst.
Beliebte Studiengänge an Fachhochschulen im Überblick:
- Ingenieurwissenschaften (z.B. Maschinenbau, Elektrotechnik)
- Informatik
- Wirtschaftsinformatik
- BWL-Studium
- Soziale Arbeit
- Architektur
- Design
Video ARD alpha Uni: Berufseinstieg nach einem dualen Studium in Elektrotechnik
Lukas ist Elektrotechniker in der Entwicklung in der Automatisierungs- und Antriebstechnik bei Krones AG. Nach seinem dualen Studium der Elektrotechnik und anschließenden Master an der OTH Regensburg arbeitet Lukas jetzt seit 2022 bei Krones. Die Firma stellt vollautomatisierte Abfüll- bzw. Verpackungsanlagen für die Getränke- und Nahrungsmittelindustrie her. Das Video ist ein Film des Formats alpha Uni, einem Angebot von ARD alpha.
Wie lange dauert ein Studium an der FH?
Wie lange ein Studium an der Hochschule für angewandte Wissenschaften dauert, hängt vom jeweiligen Studiengang und vom Studienabschluss ab. Die Hochschulart spielt bei der Studiendauer in der Regel keine Rolle. Die meisten Bachelorstudiengänge haben eine Regelstudienzeit zwischen sechs und acht Semestern, das sind drei bis vier Jahre. Willst du danach den Master machen, musst du noch einmal vier weitere Semester (zwei Jahre) dranhängen. Mehr zum Thema Studiendauer erfährst du in unserem Beitrag Wie lange dauert ein Bachelorstudium?
Dual studieren an Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften
Beim dualen Studium studierst du in den meisten Fällen an einer FH oder Hochschule für angewandte Wissenschaften, duale Studiengänge an Universitäten sind eher die Ausnahme. Die praktischen Anteile sind bei dualen Studiengängen deutlich höher als beim regulären Vollzeitstudium an der Fachhochschule oder HAW. Dual Studierende verbringen in der Regel etwa die Hälfte ihres Studiums damit, ihre Kenntnisse in einem Ausbildungsbetrieb praktisch anzuwenden. Weitere Infos zum dualen Studienmodell findest du in unserem Beitrag Duales Studium.
Extra-Tipp: Wenn du dual studieren möchtest, musst du dich in der Regel ein Jahr im Voraus bewerben. Die Bewerbung läuft meistens über den Ausbildungsbetrieb.
Ist eine Fachhochschule eine wissenschaftliche Hochschule?
Trotz der starken praktischen Ausrichtung ist auch die FH oder Hochschule für angewandte Wissenschaften eine wissenschaftliche Einrichtung, an der geforscht wird. Im Vordergrund stehen dabei aber eher Forschungstätigkeiten mit Bezug zur praktischen Anwendung in der Wirtschaft, zum Beispiel zur Produktentwicklung. An Universitäten wird dagegen eher Grundlagenforschung betrieben. Dennoch erhältst du auch an der HAW eine wissenschaftliche Ausbildung und schließt dein Studium mit einem vollwertigen akademischen Grad ab.
Ist ein Abschluss an der FH gleichwertig mit einem Abschluss an der Universität?
Die Studienabschlüsse an der Hochschule für angewandte Wissenschaften sind, was deine beruflichen und akademischen Möglichkeiten angeht, genauso viel wert wie ein Uniabschluss. Ein Bachelor an der FH berechtigt dich zu einem Masterstudium, und mit einem Master an der FH kannst du grundsätzlich promovieren und einen Doktortitel erwerben. Allerdings musst du für eine Dissertation nach dem Master oft noch von der FH an die Uni wechseln. Doch auch immer mehr Hochschulen für angewandte Wissenschaften bekommen inzwischen das Promotionsrecht.
Welcher Abschluss dir die besseren Jobs ermöglicht, lässt sich pauschal nicht sagen. Wegen des höheren Praxisbezugs bevorzugen Unternehmen teilweise Absolventen und Absolventinnen von Fachhochschulen. Ob die Hochschulart einen Einfluss auf die Karriereperspektiven hat, hängt aber von vielen, im Vorfeld oft unkalkulierbaren Faktoren ab, zum Beispiel vom aktuellen Ruf deiner Hochschule im jeweiligen Fachbereich, der Unternehmenskultur oder auch den persönlichen Präferenzen der jeweiligen Personalverantwortlichen.
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